2024 Afrika - Entlang der Westroute / Marokko (3)
Nach drei erholsamen Tagen, und zwischenzeitlich auch sehr kühlen Nächten, auf unserer Lichtung im "Ifrane NP", zieht es uns weiter gen Süden – der Wärme entgegen.
In Azrou frischen wir erst Mal unseren Lebensmittelbestand wieder auf, bevor wir einem Polizeimotorrad folgend die Stadt verlassen. Sehr interessant ist zu sehen, dass der Sozius nicht nur ohne Helm fährt sondern auch noch telefoniert – andere Länder, andere Gepflogenheiten.
Recht schnell verlassen wir die Nationalstraße wieder und folgen einem schmalen Sträßchen hoch in die Eichenwälder. Im Zentrum des "Mittleren Atlas" stoßen wir auf das verlassene Benediktinerkloster "Monastére de Touliline". Das 1952 gegründete Kloster, das aus einer heruntergekommenen Schule und einem Kindergenesungsheim hervorging, wurde bereits 1968 wieder geschlossen. Das gesamte Gelände ist zwar zugänglich und kann besichtigt werden, jedoch sind die Gebäude dem Verfall preisgegeben.
Auch hier treffen wir erneut neugierige Berberaffen an. Teilweise sind sie in großen Familienverbänden mit ihren Jungen unterwegs.
Über viele Kilometer schlängelt sich jetzt die Straße durch dichte Wälder hindurch. Immer wieder sehen wir zu beiden Seiten der Straße die sporadischen Behausungen der hier lebenden Nomaden. Die Straßenverhältnisse können wir hier oben nicht gerade als besonders gut bezeichnen, was aber die Fahrfreude keineswegs einschränkt. Beim näherem Betrachten entpuppen sich die seltsamen Mauern auf den Feldern um uns herum als aufgeschichtete Zwiebeln zum Trocknen – auch eine interessante Variante.
Am schön gelegenen „Lake Ouiouane“ legen wir eine Rast ein, wo wir uns auch die Füße rund um den See etwas vertreten. Auch bei dieser Begleitung fällt es uns am Ende wieder recht schwer sagen zu müssen: „…sorry, wir können dich leider nicht mitnehmen“.
Kurz darauf erreichen wir die Quellen des längsten Flusses des Landes, dem „Oued Oum er-Rbia“. Auf kürzester Distanz vereinen sich mehrere Quellen aus den Bergen zu einem schnell fließenden Bergbach. Eine davon ist überraschenderweise sehr salzhaltig. Die oberste Quelle hingegen ist ein Wasserfall, der aber momentan nur sehr wenig Wasser für den Fluss beiträgt. Entlang des jungen Gewässers reihen sich unzählige kleine Cafés und Restaurants aneinander. Bei einem gemütlichen Kännchen Tee kann man ganz entspannt dem Rauschen des Wassers folgen.
Immer entlang der Talsohle des „Mittleren Atlas“ erreichen der netten Ort El Ksiba. Nach einer Stärkung auf dem dortigen Food-Court folgen wir der Straße über die südlichen Ausläufer diese Gebirgszuges. Was wir jetzt an Landschaft präsentiert bekommen, ist einfach nur wunderschön. Zu Beginn sind die Straßenverhältnisse eigentlich noch ganz ok. Doch so nach und nach werden diese immer einfacher, bis irgendwann dann nur noch Schotterpisten vorhanden sind. Dazu erleben wir noch einen Hauch von „Indian Summer“ auf marokkanisch😎
Die Felsenschluchten von „Cirque de Jaffar“ müssen wir leider auslassen. Der heftige Regen der letzten Tage hat dem Untergrund der Schlucht so zugesetzt, dass es momentan zu riskant wäre diese Passage zu befahren. Wir entscheiden uns für die nördliche Umfahrung. Dabei ergeben sich zudem sehr nette Begegnungen mit Einheimischen. Gerne werden von ihnen die mitgebrachten Kleidungsstücke entgegengenommen. Einen ruhigen Nachtplatz finden wir nahe der Schneegrenze des „Hohen Atlas“.
Wir erreichen Midelt. Hauptsächlich ist in dem überschaubaren Städtchen erst Mal Einkaufen und Wäsche waschen angesagt. Wegen der kurzen Wege. gehen wir auf den örtlichen Campingplatz. Wie es der Zufall will, treffen wir Susi und Robby – eigentlich wollten wir uns erst später treffen, da sie noch für ein paar Tage mit ihren Freunden unterwegs sind. Nach dem Abholen der Wäsche kommen wir an einem „Alkohol Shop“ vorbei – und da sag noch einer, in der moslemischen Welt wird nicht getrunken.
An einem der Tage besuchen wir am Rande der Stadt das Kloster „Notre Dame de I´Atlas“. Bei einem Rundgang mit dem "Trapisten Mönch" Michael erfahren wir, was sich bei dem Massaker im algerischen Tibhirine zugetragen hat und wie die beiden überlebenden Mönche hierher kamen – sehr interessant. Er erzählt uns auch, dass seine Gemeinde hier doch sehr überschaubar ist.
Gemeinsam fahren wir zu den ehemaligen Bleiminen von Aouli. Auf holpriger Piste geht es durch einen schmalen Canyon und über eine abenteuerliche Brücke in den verlassenen Ort hinein. Ein paar wenige Einheimische sind hier noch am Abbauen, um sich ihren schmalen Lebensunterhalt zu sichern. China und Indien sind wohl die Hauptabnehmer der geringen Vorkommen von Kupfer und Blei. Hingegen werden gefundene Mineralien und Fossilien den Touristen angeboten bzw. von Händlern aus der ganzen Welt aufgekauft.
Oberhalb einer verlassenen Arbeitersiedlung finden wir unser Nachtlager. Am späten Nachmittag schauen wir uns die "Ghosttown" etwas genauer an. Alles was noch irgendeinen Wert hatte, wurde geplündert. Einzig die Moschee ist nahezu unversehrt und scheint noch in Benutzung zu sein. Nach einem farbenprächtigen Sonnenuntergang gibt’s dann noch Heldengeschichten am Lagerfeuer.
Hinter dem „Tunnel der Legionäre“ beginnt der „Ziz Canyon“. Die Fahrt entlang des gleichnamigen Flusses gefällt uns sehr gut, nur leider ist es etwas trüb und regnerisch geworden. Da hilft am Abend natürlich eine leckere Tajine ganz locker drüber hinweg.
Tags darauf werden wir wieder von der Sonne verwöhnt. Wir nutzen das schöne Wetter für eine längeren Spaziergang entlang des „Oued Ziz“, der momentan sehr viel Wasser führt. Und wie es scheint sind wir nicht die einzigen, die heute die Sonne genießen.
Wir folgen weiter dem Canyon des „Oued Ziz“. So nach und nach werden die mächtigen Felswände zu beiden Seiten immer flacher. Entlang seines unteren Laufes hat sich in der Vergangenheit ein beachtlicher Oasengürtel gebildet, der sich kilometerlang durch die Wüste schlängelt. Immer wieder sehen wir darin alte Lehmdörfer (s.g. Ksurs), die teilweise auch noch bewohnt sind.
Vorbei an Erfoud befinden sich die Werke des Künstlers Hannsjörg Voth, die wir uns anschauen wollen. Allerdings müssen wir dafür eine etwas holprige Anfahrt durch ein trockenes Flussbett sowie über Stein- und Sandpisten in Kauf nehmen – macht aber auch mächtig Spaß. Mitten in der Wüste erbaute der gebürtige Münchner drei Kunstwerke, in denen er auch heute noch zeitweise lebt.
Eines davon nannte er „Die Spirale“. In Form einer Spirale schraubt sich ein mit flachen Wüstensteinen belegter Weg nach oben.
Von dort fahren wir zu dem nur wenige Kilometer entfernten Bauwerk, das Voth als „Die Stadt des Orion“ bezeichnete. Die sieben größeren Türme hat er so platziert, dass sie genau dem Sternbild des Orion entsprechen. Im Frühjahr kann von den Türmen aus im Liegen diese Sternenkonstellation betrachtet werden – Bernadette war schon Mal probeliegen. Bedingt durch die immer wieder aufziehenden Wolken, erhalten wir teilweise sehr unterschiedliche aber auch sehr skurrile Lichtverhältnisse.
Das letzte Werk des Künstlers ist zwar etwas weiter entfernt, aber schon aus größerer Entfernung zu erkennen – er nannte es „Die Himmelstreppe“. Über 52 Stufen kommt man bis nach oben und hat von dort einen fantastischen Rundumblick über die Wüste.
Es ist spät geworden. Für die anstehende Vollmondnacht stellen wir uns hinter eine kleine Düne. Bereits in der Nacht hat es immer wieder leicht geregnet und auch am Morgen sind die dicken Wolken noch nicht abgezogen. Doch der z.T. ergiebige Regen der letzten Wochen hat deutliche Spuren hinterlassen – es ist wirklich erstaunlich wie die Wüste blühen kann und zum Leben erwacht.
In Tinghir füllen wir erst Mal unsere Frischevorräte wieder auf. Ebenso ist der längst fällige Wechsel der Bremsflüssigkeit angesagt. Dies können wir in „Kamals“ Werkstatt absolut professionell und kostengünstig erledigen lassen. Zudem werden auch gleich die beiden Luftfilter wieder ausgeblasen und gereinigt – danke an Kamal und sein engagiertes Team.
Von dort aus fahren wir jetzt in die „Todra Schlucht“. Unmittelbar am Eingang der engen Schlucht trifft uns allerdings fast der Schlag – Heerscharren von Touristen tummeln sich entlang der Straße. Ein Durchkommen gestaltet sich an dieser Stelle recht schwierig. Doch schon wenige Kurven weiter kehrt wieder Ruhe ein und wir sind erneut so gut wie alleine unterwegs.
Fast 50km schlängelt sich nun das schmale Asphaltband entlang des Canyons weiter hinauf, bis es oben den noch recht neu angelegten Stausee erreicht hat.
Die z.T. sehr enge Straße windet sich immer weiter nach oben. Dabei durchfahren wir mehrere kleine Dörfer mit ihren einfachen aber traditionell gebauten Lehmgebäuden. Wir erreichen den 2.645m hohen Pass „Tizi Tirherrhouzine“. In der Ferne sind bereits schon die schneebedeckten Gipfel des Hohen Atlas zu erkennen.
...auch Marokko hat einen "Horseshoe Bend". Durch eine atemberaubende alpine Landschaft geht es jetzt langsam wieder bergab. Bedingt durch die schweren Niederschläge der letzten Wochen, wurden hier nicht nur die Straßen in Mitleidenschaft gezogen.
Zwischenzeitlich haben wir die „Dades Schlucht“ erreicht. Nach dem passieren der Engstelle mit Überhang, folgt unmittelbar darauf eine wunderbare Serpentinenkombination – das sind dann die Momente wo man es bereut, das Motorrad nicht dabei zu haben.
Nach einem erfolgreichen Vollwaschgang in Boumalme Dades treffen wir erneut auf Susi und Robby mit ihrem MAN. Nach einem gemütlichen Frühstückstee fahren wir gemeinsam weiter. Es geht jetzt über den knapp 2.200m hohen „Tizi n´Tazazert“. Erneut werden wir mit einer wunderschönen Landschaft und einem ruhigen Schlafplatz in der Wüste belohnt.
Unser nächstes Ziel liegt wieder etwas weiter draußen in der Wüste – Gara Medouara, das „Portugiesische Gefängnis“. Dabei handelt es sich um eine hufeisenförmige Felsformation, die an der Engstelle durch eine Mauer verschlossen wurde. Noch bis vor 200 Jahren wurden hier, in grausamer Art und Weise, Menschen als Sklaven für den Weitertransport in alle Welt zusammen getrieben. Auf einem Rundgang über die Felsen erhalten wir fantastische Ausblicke über die Wüste, bis hin zum "Erg Chebbi in der Ferne.
Für die Weiterfahrt am nächsten Morgen, haben wir uns natürlich wieder für eine äußerst reizvolle Route entschieden.
Bereits von unseren vielen Nordamerika Reisen wissen wir, dass es Plätze und Orte gibt, die man wegen ihrer Schönheit und Einzigartigkeit auch gerne ein weiteres Mal besucht – dazu gehören zweifelsohne auch die Dünenfelder des Erg Chebbi. Sie erstrecken sich über eine Länge von 40km und sind etwa 7km breit. Ihre höchste Düne misst nahe Merzouga fast 200m.
Schöne Flecken ziehen natürlich auch Touristen an. So gibt es in den angrenzenden Orten, neben den zahllosen Cafés und Restaurants, auch reichlich Anbieter für Wüstentouren. Diese können mit Geländewagen, Quad und Motorrad wie auch auf dem Rücken der Kamele durchgeführt werden. Daher gleicht dieser Teil des Erg Chebbi zwischenzeitlich leider einem riesigen Rummelplatz – sehr schade. Wir möchten uns gar nicht erst vorstellen, wie es wohl in 10 Jahren aussehen könnte.
Auf einer mehrtägigen Tour umrunden wir das größte zusammenhängende Dünengebiet des Landes. Tolle Sand- und Schotterpisten wechseln sich ab. Übernachten lässt es sich dabei prima zwischen den einzelnen Sanddünen. Zu Beginn jedoch führt uns eine gut präparierte Schotterpiste durch eine verlassene und zerfallene Minensiedlung – ein s.g. "Lost Place".
Trotz aller Aufmerksamkeit passiert es dann doch – nach einer engen und kurvigen Passage durch den Feinsand eines Wadis gräbt Robby sich ein. Doch mit vereinten Kräften und sportlicher Betätigung, können wir unsere Fahrt durch den Sandkasten fortsetzen.
…noch nicht genug. Unmittelbar darauf zwingt uns ein Cut an der Außenseite des Hinterreifens zu einem Boxenstopp. Auch jetzt gilt: gemeinsam sind wir stark. In Rekordzeit ist der Reifen gewechselt und der Spielverderber unterm Fahrzeug montiert – weiter geht´s.
Ohne einen vollwertigen Ersatzreifen wollen wir eigentlich nicht mehr in die Wüste rausfahren. Doch in Rissani finden wir den Reifenspezialisten unseres Vertrauens. Mit einer Selbstverständlichkeit und absolut professionell flickt der Profi den Cut und vulkanisiert auf beiden Seiten die Nahtstelle – was kann jetzt noch schief gehen. Sicherlich würde beim Anblick des Reifens jeder TÜV-Prüfer in unserem Lande in eine Schnappatmung verfallen. Aber sehen wir´s mal so – sind wir nicht alle auf Nachhaltigkeit aus?
Für die nächsten Tage quartieren wir uns auf einem schönen Campingplatz ein, der sich direkt an den wunderschönen Sanddünen des „Erg Chebbi“ befindet – quasi Erholung von den Reisestrapazen ;-)