2022 Polarlichter über Lappland (1)

 

Ursprünglich war ja der Plan, die Wintermonate im etwas wärmeren Marokko zu verbringen. Doch leider machte dieses Mal Hajo´s Arbeitgeber einen Strich durch unser Vorhaben – doch das wird bald ein Ende haben! Als Alternativprogramm steht daher eine etwas kürzere Tour in den hohen Norden von Skandinavien an, nach Lappland. Eigentlich sollte diese Reise zu einem späteren Zeitpunkt stattfinden, doch wir ziehen sie jetzt kurzerhand einfach vor.

Sehr viel haben wir bereits über die Faszination der Polarlichter gelesen und gesehen. Die Einzigartigkeit dieses Naturschauspiels zog dabei natürlich auch uns in ihren Bann. So machten wir uns kundig welche Möglichkeiten es gäbe, dieses einzigartige Lichterspektakel mit eigenen Augen betrachten zu können. Als einer der besten Ausgangspunkte dafür kristallisierte sich die Region rund um den "Abisko Nationalpark" in Lappland heraus – allerdings befindet der sich im äußersten Norden von Schweden.

Also heißt es jetzt, Thermoklamotten und Schneeschuhe statt Shorts und Badeschlappen einzupacken – wir haben uns doch so einiges für die nächsten gut vier Wochen vorgenommen.

Der Iveco steht bereits fertig gepackt vor dem Haus. Nachdem auch Hajo nach Hause kommt, kann unsere "Polarlicht Tour" endlich beginnen. Die erstes Etappe führt uns nach Parchim, in Meck-Pom. Dort besuchen wir Susi und Jens, die wir letztes Jahr in Albanien kennengelernt haben. Da sie in Kürze mit ihren Motorrädern wieder auf eine Langzeitreise gehen, ist dies die letzte Gelegenheit dafür.

Auf der Weiterfahrt kommen wir durch Schwerin, wo wir uns das schöne Schloss anschauen, das gleichzeitig auch der Sitzt der Landesregierung ist. Am Abend erfreuen wir uns noch am hell erleuchteten "Holstentor" in Lübeck.

Einer unserer ersten Stellplätze finden wir am winterlichen und derzeit recht stürmischen Timmendorfer Strand. Kurz noch die Füße vertreten, dann geht es ab ins Bett. Am nächsten Morgen sieht die Welt schon wieder viel besser aus – der Sturm hat sich gelegt.

Wieder mal sind es die kleinen Seitenstraßen, die uns bis hoch nach Laboe an die "Kieler Förde" bringen – ein Paradies für Kitesurfer. Wir belassen es allerdings bei einem gemütlichen Strandspaziergang. Der führt uns vorbei am "Marine Ehrenmal" sowie an einem U-Boot, das nach dessen Ausmusterung zu einem Museum umfunktioniert wurde.

Die Nacht vor unserer Einschiffung verbringen wir nördlich von Kiel, direkt an den letzten Schleusen des "Nord-Ostsee Kanals". Es ist eher ein praktischer Stellplatz, da wir von hier aus so manches Tank- und Frachtschiff vorbeifahren und schleusen sehen können. 

Jetzt wird es aber Zeit das "Schwedenkai" im Hafen von Kiel aufzusuchen. Lediglich ein weiterer Camper steht mit uns in der Reihe. Kurz die Pässe vorzeigen und schon verschwindet der Iveco im Bauch der mächtigen Fähre.

Wir beziehen unsere Außenkabine und machen noch kurz einen Orientierungsrundgang auf dem Schiff. Pünktlich um 18:00 Uhr setzt sich der Stahltross in Bewegung. Wir verlassen den Hafen von Kiel und steuern einer Nacht auf dem Meer entgegen.

Die 14-stündige Überfahrt ist äußerst entspannt und pünktlich legen wir am nächsten Morgen in Göteborg an. Schweden empfängt uns, wie aus der Heimat um diese Jahreszeit nicht anders gewohnt, grau in grau mit Nieselregen um den Gefrierpunkt. Ein neugieriger Zöllner kann oder möchte es sich auch nicht ganz vorstellen, dass es sich bei unserem Fahrzeug um einen Camper handelt – ein persönlicher Check des Innenlebens überzeugt ihn dann aber doch. 

Wir stürzen uns sofort auf die "E45". Die längste Straße des Landes führt von Göteborg aus die nächsten knapp 1.700 km nur noch nach Norden bis sie die finnische Grenze erreicht. Da es noch früh am Morgen ist machen wir mal so richtig Strecke. Es dauert jedoch nicht lange bis der Regen in Schnee übergeht. Gegen Spätnachmittag lässt sich sogar noch die tiefstehende Sonne blicken.

 

Von unserem ersten Übernachtungsplatz in Schweden, starten wir einen kleinen Morgenspaziergang. Dabei kreuzen wir einen Fluss in dessen weiteren Verlauf kleinere Stromschnellen folgen. Während der Nacht ist es klirrend kalt geworden und das Thermometer zeigt selbst am frühen Morgen immer noch lausige -14°C (6°F) an.

Es ist ein wunderschöner und sonniger Tag. Wir können das Fahren bei kaum wahrnehmbarem Verkehr in vollen Zügen genießen. Im weiteren Verlauf durchfahren wir eine längere Passage die mit s.g. "Boulders" (einzelne Felsbrocken) gesäumt ist. Zeichen dafür, dass in grauer Vorzeit hier ein Gletscher verlief. Ebenso sind die kleinen Orte die wir durchfahren äußerst sehenswert – "Bullerbü" lässt grüßen.

Einen weiteren Stopp legen wir entlang der "E45" an einer kleinen Häuseransammlung ein, die direkt an einem gefrorenen See liegt. Wir drehen eine Runde durch das Örtchen und begeben uns dann auf das Eis. Es ist interessant zu sehen, wie sich im Laufe des Winters die Eisschollen übereinander geschoben haben. Während unseres Spaziergangs umrunden wir eine kleine Insel die mitten im Eis lieg – super. Der Einfachheit halber gehen wir hauptsächlich den Spuren der Schneemobile auf dem See nach.

Auf unserer Weiterfahrt überqueren wir die "Grenze" zu Lappland. Lappland selbst hatte noch nie eine eigene Staatlichkeit. Es befindet sich auch heute noch weiterhin zwischen den vier Staaten Norwegen, Schweden, Finnland und Russland. Die Ureinwohner Lapplands werden als Samen bezeichnet, deren Anteil der Bevölkerung dort allerdings gerade mal noch 4% beträgt.

Ab jetzt werden auch die Nächte für uns interessant. Bei entsprechender Sonnenaktivität und einem gleichzeitigen wolkenlosen Himmel können Polarlichter, aber auch "Nordlichter" oder "Aurora Boreales" genannt, beobachtet werden.

Bei Arvidsjaur verlassen wir für kurze Zeit die „E45“ und folgen nun der „94“ nach Osten. In der Nähe von Vidsel befinden sich die "Storforsen Stromschnellen". Dabei handelt es sich um die größten Stromschnellen Skandinaviens. Da in den Wintermonaten weitaus weniger Wasser über die etwa 5km langen Schnellen bei 82m Höhendifferenz fließt, ist ein Großteil davon entlang den Ufern gefroren. Auf unserer Tour bei knackigen -16°C entlang den Stromschnellen, bietet sich uns ein einzigartiges Winter-Naturschauspiel.

Schon mal hier, lassen wir uns für die Nacht auf einem der angrenzenden Parkplätze am Waldrand nieder.

 

Zwischenzeitlich bewegen sich die Temperateuren in einem Bereich von -10° bis -18°C. Aber bis dato hält sich unser Iveco recht tapfer. Es sind lediglich ein paar Kleinigkeiten die wir im Vorfeld nicht bedacht hatten – aber nichts, was uns jetzt zum umkehren oder zum Abbruch der Reise zwingen könnte.

Am nächsten Morgen stoßen wir wieder auf die "E45" und folgen ihr weiter nordwärts. Im weiteren Verlauf unserer Fahrt bringt der Begriff "Winter Wonderland" es exakt auf den Punkt, was wir zu sehen bekommen. 

Kurz vor Jokkmokk erreichen wir den Arctic Circle oder auf deutsch, den "nördlichen Polarkreis". Dieser Breitengrad ist der Punkt, an dem die Sonne an den Tagen der Sonnenwende gerade nicht mehr auf- bzw. untergeht. 

Jokkmokk selbst gilt als das Zentrum der samischen Kultur in Schweden. Dort besuchen wir das Samenmuseum, wo wir so allerhand über das Leben, die ursprüngliche Kultur und das Kunsthandwerk der Ureinwohner Lapplands erfahren. Zudem findet hier seit über 400 Jahren im Januar der traditionelle Wintermarkt der Samen statt – doch dafür sind wir aber leider zu spät dran.

...die Samen als Rentierzüchter                ...traditionelle Behausung (Jurten) der Samen

Zwischenzeitlich haben wir die Regionen erreicht, wo in der Nacht Polarlichter zu sehen wären. Dafür bedarf es allerdings mehrerer Kriterien, die gleichzeitig erfüllt sein müssen. Zum einen sollte die Umgebung so dunkel wie möglich sein, dazu der Himmel wolkenlos und zu guter Letzt benötigen wir eine möglichst hohe Sonnenaktivität (kp-Wert). In der heutigen Zeit gibt es dafür natürlich reichlich Apps. Diese zeigen uns je nach Standort die Wahrscheinlichkeit an, wann und in welcher Intensität Polarlichter zu sehen sind. Doch bis dato starren wir allerdings nur Löcher in den eisigen Nachthimmel Lapplands.

Wildtiere sind in dieser Region, im Vergleich zu Nordamerika (Alaska und Kanada), im Winter nur sehr spärlich zu sehen. Es weisen zwar jede Menge Hinweisschilder auf Wildwechsel entlang den Straßen hin, doch nur einmal konnten wir bis jetzt ein Rentier auf unserem Weg gen Norden erspähen. Es nahm kaum Notiz von uns und verdrückte sich dann in aller Gemütlichkeit in den Wald.

 

Auch Elche können wir bis jetzt nur aus größerer Entfernung sichten. Bei einem ist es uns dann doch möglich, ihn auch mit der Kamera festzuhalten.

 

 

 

 

 

 

             Suchbild – wer findet den Elch ;-)

....und dann geschieht genau das, was man auf Reisen am aller wenigsten gebrauchen kann. Beim Anblick eines zugefrorenen Sees, wollen wir auf den davor liegenden Parkplatz fahren. Wie wir später erfahren sollten, wurde diese Spur dorthin kurz zuvor allerdings "nur" für Schneemobile präpariert – Pech für uns. Unser Iveco rutscht vom Weg ab und wir hängen fest. Doch schon kurz darauf taucht ein junger Mann mit "schwerem Gerät" auf und bringt uns wieder auf den rechten Weg zurück.

War dies nun das Opfer an den "Gott der Reisenden" für diese Tour?

Nach so viel Aufregung setzen wir bei herrlichstem Winterwetter unsere Reise fort. Unser nächstes Ziel ist jetzt eine Husky Farm in der Nähe von Gällivare. Da es dort auch ein paar Stellplätze für Camper gibt, sind wir genau richtig. Wir lernen Roche aus der Schweiz kennen. Er nimmt uns mit auf eine wunderschöne Schneeschuh Tour, während die Sonne langsam am Horizont untergeht. Diese führt uns dabei durch die umliegenden Wälder sowie über den angrenzenden See – wir sind zwar durchgefroren, aber vollauf begeistert. So endet auch dieser Tag doch wieder mit einem Highlight.

In Jukkasjärvi besuchen wir ein "Eis Hotel". Dabei handelt es sich um ein Hotelkomplex der mit samt den Zimmern sowie einer Kapelle aus einzelnen Eisteilen gefertigt wurde. Eine Heizmöglichkeit konnten wir allerdings in den Zimmern nicht entdecken.

Kiruna lassen wir recht schnell hinter uns. Der Ort selbst ist eine von Industrie geprägte Stadt – schön sieht anders aus. Sie lebt und existiert weitestgehend von dem weltgrößten Eisenerz-Bergwerk, das schon von weitem unübersehbar ist. Wir füllen lediglich unsere Vorräte auf und sind dann auch schon wieder weg.

Unser nächstes Ziel ist der "Abisko Nationalpark". Hier erhoffen wir uns, die ersten Polarlichter beobachten zu können. Wir haben für mehrere Tage einen tollen Stellplatz gefunden – weit draußen und weg von künstlicher Lichtverschmutzung. Obwohl wir tagsüber z.T. strahlend blauen Himmel genießen können, ziehen am Abend doch immer wieder Wolken auf. Auch die Sonnenaktivität hält sich derzeit noch etwas zurück. Unsere Aktivitäten dagegen bleiben nach wie vor hoch. Fast jeden Tag sind wir für mehrere Stunden mit unseren Schneeschuhen unterwegs und erkunden die winterlichen Schönheiten des Nationalparks.

Auf der Weiterfahrt stürzen wir uns bei Björkliden auf die Piste zum Skifahren. Zwar nicht ganz vergleichbar mit den Einrichtungen die wir aus den Alpen kennen, jedoch ist der Schnee um ein vielfaches besser und Wartezeiten an den Liften gibt es auch nicht.

Auf unserer "Polarlicht Tour" durch Lappland wollen wir als nächstes unser Glück im benachbarten Norwegen versuchen. Kurz hinter Börkliden, bei Riksgränsen, passieren wir die Grenze. Da der Grenzübergang selbst nicht besetzt ist, fahren wir ohne irgendwelche Kontrollen rüber. Wir sind nun aber doch etwas überrascht, da wir an dieser Stelle die EU-Außengrenze überqueren.