2012/2013 USA - Fahrt zurück nach Baltimore/MD
Nachdem wir Prescott verlassen haben, verbringen wir abseits der Straße kurz vor Sedona die erste Nacht. Es ist eine ruhige Nacht. Allerdings ist am frühen Morgen noch jedem von uns die Tortur des Abschieds anzusehen. Doch so nach und nach weicht die Traurigkeit und die Freude auf die vor uns liegende achtwöchige Tour, nach Baltimore in Maryland, gewinnt so langsam aber sicher die Oberhand. Längst haben wir uns eine grobe Route bis an unser endgültiges Ziel an der Ostküste zurechtgelegt. Darin sind natürlich wieder einige National Parks und "Scenic Roads" sowie andere interessante Highlights beinhaltet. Sicherlich werden auch dieses Mal, quasi "on the road", noch zusätzliche sehenswerte Ziele hinzukommen die sich lohnen besucht zu werden.
Schon früh verlassen wir unseren Übernachtungsplatz und fahren an Sedona vorbei den „Oak Creek Canyon“ hoch. Am „Slide Rock SP“ legen wir eine Badepause ein. Namensgebend für den Park ist eine natürliche Wasserrutsche im Fluss, die von den typischen roten Sandsteinfelsen dieser Region umgeben wird. Gegen Mittag steigen die Temperaturen wieder auf hochsommerliche Werte an und der „Badefluss“ füllt sich Zusehens. Also sehen wir zu, dass wir wieder Land gewinnen und folgen weiter dem Canyon bergauf.
Ohne große Umwege stürzen wir uns auf die "I40" in Richtung Osten und schrubben mal so richtig Meilen runter. Diese Richtung wird nun für die nächsten anstehenden Wochen unsere Hauptrichtung sein.
Wir überfahren die Grenze nach New Mexico und verabschieden uns damit endgültig vom „Grand Canyon State“ Arizona. Im Vorbeifahren nehmen wir zwei eher etwas unbekanntere, aber deswegen nicht minder sehenswertere, National Monuments mit. Im „El Morro NM“ gibt es an den steilen Wänden faszinierende Petroglyphen (Felszeichnungen) zu sehen. Die ersten von ihnen stammen aus der Anasazi Kultur und sind ca. 2.000 Jahre alt. Von den hohen Cliffs des „El Malpais NM“ erhalten wir grandiose Aussichten auf einen längst erloschenen Lavastrom. Nach einem kurzen Fußmarsch erreichen wir noch einen „Natural Arch“, einen natürlichen Sandsteinbogen, der unmittelbar neben der Straße liegt.
Wieder zurück auf der „I40“ nähern wir uns Albuquerque. Schon von weitem ist die Stadt an der darrüberliegenden Dunstglocke am Horizont sehr gut auszumachen. Wir fahren hinein und schlendern gemütlich durch den historischen Teil der zweitgrößten Stadt New Mexicos. An den Menschen und den Gebäuden sowie dem Flair der Stadt ist die mexikanische Verbundenheit nicht zu übersehen. Dasselbe gilt auch für das ca. 60km nordöstlich liegende Santa Fe, der Hauptstadt des Bundesstaates.
Nachdem wir die Stadt verlassen haben, folgen wir dem Rio Grande flussaufwärts. Dort erreichen wir den gleichnamigen State Park. Direkt am Fluss befinden sich mehrere wunderschöne Stellplätze und wir beschließen, das anstehende Wochenende hier zu verbringen. Bei herrlichstem Sommerwetter lassen wir uns auf einem dieser Plätzchen direkt über dem Fluss nieder. Wir erkunden die nähere Umgebung oder gehen im kühlen Wasser des Rio Grande schwimmen. Die Abende verbringen wir am Lagerfeuer. Wir grillen was der Kühlschrank hergibt und genießen die Stille sowie den fantastischen Ausblick über den Fluss. Die Nächte können wir wieder bei geöffneter Schiebetür verbringen.
Wir folgen dem Rio Grande weiter. Über eine teilweise nur geschotterte Piste und unzähligen Haarnadelkurven erreichen wir das nächsthöhere Colorado-Plateau der Rocky Mountains. Die Fahrt wie auch die Aussichten auf die umliegenden Berge und Canyons sind grandios. Nachdem wir die „Rio Grande Gorge Bridge“, die zweitlängste Hängebrücke der USA, hinter uns gelassen haben, fahren wir in den sehr touristischen und überteuerten "Künstlerort" Taos hinein.
Recht schnell lassen wir den Ort, sowie kurz darauf auch New Mexico, hinter uns. Nach einer kurzweiligen aber permanenten Bergfahrt hoch in die Rockys, passieren wir das Schild Welcome To Colorado. Unser nächstes Ziel ist jetzt der Grand Sand Dunes NP. Über Jahrtausende hinweg haben die Winde den Sand von den Ufern des Rio Grande hergetragen. Dadurch sind die Dünen noch heute in Bewegung und ändern ständig ihr Aussehen. Auf der Weiterfahrt durch den Park legen wir immer wieder Fotostopps ein und erfreuen uns an den tollen Aussichten auf die Dünen.
Die nächsten Tage geht es auf eher kleineren Straßen quer durch die Rocky Mountains. Auf den z.T. recht steilen Anstiegen plagt sich unser James so manches Mal ganz ordentlich – es ist eben ein gemütliches Reisemobil. In einem Hochtal auf über 2.500 Höhenmetern erreichen wir ein weiteres National Monument, das „Florissant Fossil Beds NM“. Hier befindet sich eine der größten und vielfältigsten Ansammlungen von Fossilien der Welt, die vom winzigsten Insekt bis hin zu massiven versteinerten Mammut-bäumen reicht. Im Visitor Center wie auf dem interessanten Rundweg durch eine wunderschöne Berglandschaft, können wir die Überreste aus einer längst vergangenen Epoche bestaunen. Am Ende des Trails befindet sich eine gut erhaltene Farm, die bis vor wenigen Jahren noch bewirtschaftet wurde. Sie stammt noch aus der Zeit, als die ersten Europäer dieses Land besiedelten.
Es geht nun über mehrere Stunden die Rockys bergab, bis wir nach Denver kommen. Obwohl wir einen komplett wolkenlosen Himmel haben, ist die Sicht doch sehr beeinträchtigt und die Luft riecht unangenehm rauchig. Der Grund sind die vielen Waldbrände rund um die Stadt und an den Osthängen des gewaltigen Gebirgsmassivs. Wie wir später erfahren sollten, waren dies die heftigsten Brände in dieser Region seit über hundert Jahren.
Es ist spät am Abend, als wir Denver und die Rocky Mountains hinter uns lassen. Wir nehmen jetzt die „I70“ in Richtung Osten. Im Rückspiegel verschwindet so nach und nach die mächtige Gebirgskette, hinter der gerade farbenprächtig die Sonne untergeht.
Wir durchfahren jetzt die Great Plains – hunderte von Kilometern nur flache Prärien. Hier waren früher die riesigen Büffelherden Zuhause. Heute ist es Weideland sowie die Kornkammer Nordamerikas. Zwischenzeitlich haben wir Kansas erreicht und stellen uns für diese Nacht auf einen ruhigen Rastplatz. Dort werden regelmäßig die aktuellsten Wettervorhersagen sowie die Tornado-warnungen durchgegeben. Dies ist für uns insofern interessant, da wir in den nächsten Tagen die s.g. Tornado Alley durchqueren.
Bei Salina verlassen wir die Interstate und fahren in das etwas südlich gelegene „Tallgrass Prairie National Preserve“. Dies ist ein ca. 50km² großes Schutzgebiet, in dem das typische hohe Präriegras in seiner ursprünglichen und naturbelassenen Umgebung noch zu sehen ist. Eine kleine Herde von Bisons ist ebenfalls hier beheimatet.
Vorbei an Kansas City geht es nach Missouri hinein. Diesen Bundesstaat durchqueren wir relativ flott, bis wir St. Louis, am Mississippi, erreichen. Auch die "Tornado Alley" haben wir ohne auf einen dieser gefährlichen Wirbelstürme zu treffen hinter uns gelassen. Es ist unübersehbar, dass bis vor kurzem noch ein gewaltiges Hochwasser den größten Fluss Nordamerikas weit über seine Ufer hinaus hat treten lassen. Wir folgen einem "Scenic Byway" dem mächtigen Strom flussabwärts, vorbei an den Mündungen des "Illinois River" und des "Missouri River", ins Zentrum der Stadt hinein. Hauptattraktion ist das Wahrzeichen der Stadt, der knapp 200m hohe Gateway Arch, der unmittelbar am Mississippi seinen Standort hat. Den Namen erhielt dieses Bauwerk aufgrund der Tatsache, dass St. Louis schon immer als Gateway in den Westen galt. Von hier aus schickte 1804 der damalige Präsident Thomas Jefferson die Entdecker Lewis & Clark los, um das Land westlich des Mississippi zu kartographieren und eine Handelsroute zum Pazifik zu finden. Dieses Abenteuer wird sehr eindrucksvoll in einem 45 minütigen Film im Kino, am Fuße des "Arches" gezeigt. Natürlich lassen wir es uns auch nicht nehmen, die geniale Rundumsicht über die Stadt und auf den mächtigen Mississippi von der Aussichtsplattform des freistehenden Bogens aus zu genießen.
Mit dem überqueren des „Old Man River“ fahren wir nach Illinois hinein. Auf dem kürzesten Weg legen wir die Strecke bis zum "Ohio River" zurück, der gleichzeitig auch die Grenze zu Kentucky bildet. Für europäische Verhältnisse ist der "Ohio River" ebenfalls ein sehr imposanter Fluss und mündet, wie soll es hier auch anders sein, natürlich in den Mississippi.
Mit Kentucky haben wir nun auch den letzten Bundesstaat des kontinentalen Teiles der USA mit unserem treuen James bereist.
Zwischendurch müssen wir uns auch um diverse organisatorische Dinge kümmern. Da wäre z.B. der Rücktransport des Campers von Baltimore aus nach Deutschland. Ebenso dürfen wir die Zeit nach unserer Reise nicht aus den Augen verlieren – denn dann geht unser Leben wieder in „geordneten“ Bahnen weiter.
Über mehrere "Scenic Byways" erreichen wir den "Tennessee River" und das dahinterliegende Naturschutzgebiet „Land Between The Lakes“. Wir wollen mal wieder mehrere Tage an einem schönen Platz verbringen. Dafür eignet sich ein kleiner und idyllisch gelegener Campingplatz direkt am "Lake Kentucky". Das Wetter zeigt sich nach wie vor von seiner allerbesten Seite, jedoch wird es zunehmend schwüler. Wir verbringen die meiste Zeit mit relaxen oder gehen uns im See erfrischen. Die Tage lassen wir wie gewohnt am Lagerfeuer ausklingen.
Tja, wenn da nur nicht die Schule wäre, könnte das Leben auch für Linda so toll und unbeschwert sein! Für sie stehen wieder täglich ein paar Unterrichtseinheiten auf dem Stundenplan – somit hätten wir demnächst den Lehrstoff für das laufende Schuljahr hinter uns.
Nach ein paar Tagen der absoluten Entschleunigung begeben wir uns wieder auf die Straße. Wir folgen der „Scenic Road“ weiter nach Süden, bis wir nach Tennessee kommen. Am Fort Donelson stoßen wir erneut auf Spuren des amerikanischen Bürgerkriegs.
Auf dem "Natchez Trace Parkway", einer 700km langen Panoramastraße, fahren wir ein Stück in Richtung Norden. Schon auf unserer Reise 2003 hatten wir diese herrliche Straße, die den Status eines Nationalparks hat, auf seiner gesamten Länge befahren.
Unser nächstes Ziel soll der Campingplatz am „Meriwether Lewis Memorial“ sein, der unmittelbar an dieser traumhaften Straße liegt. Hier verstarb der Entdecker 1809. Ihm zu Ehren wurde ein Memorial errichtet, in deren Nähe wir vor 10 Jahren unsere erste Begegnung mit Meri hatten.
Wir folgen weiter dem Parkway bis zu seinem Ende kurz vor Nashville. Es ist immer wieder ein Erlebnis, die Wiege der Country-Musik zu besuchen. Momentan ist Hauptreisezeit. Auf dem „Lower Broadway“, im Herzen der Country-Szene, ist das weder zu übersehen oder gar zu überhören. Aus allen Kneipen und Lokalen schmettert Livemusik auf die Straße hinaus.
Nach einem ausgiebigen Stadtrundgang suchen wir wieder das Weite und fahren über Bowling Green, jetzt wieder in Kentucky, zum „Mammoth Cave NP“. Dieses Höhlensystem gilt mit seiner knapp 630km erforschten und kartographierten Ausdehnung als die weitläufigste Höhle der Welt. Es gibt nun mehrere Kombinationen von Touren, die durch einen Bruchteil des Höhlensystems führen. Wir entscheiden uns für die s.g. „Historic-Tour“. Die führt uns in den Bereich der Höhle, in dem schon vor vielen hundert Jahren Indianer lebten. Es herrscht das ganze Jahr über eine konstante Temperatur und fließend Wasser ist ebenso vorhanden.
Wenn schon Kentucky, muss natürlich eine der vielen Whisky Destillerien besichtigt werden. Eigentlich wollten wir die Produktions-stätten von „Jack Daniels“, des wohl bekanntesten Vertreters des Bourbon Whiskys, besuchen. Da aber in diesem County nach wie vor die "Prohibition" herrscht (Verbot des Alkoholkonsums), entscheiden wir uns einen nicht minder bekannteren Whisky Hersteller zu besichtigen, „Jim Beam“ in Clermont. Schon am Abend zuvor erreichen wir das weitläufige Gelände des weltweit größten Whisky Produzenten und übernachten auf dem Besucherparkplatz. Somit sind wir am nächsten Morgen in der ersten Besuchergruppe. Wir lernen den gesamten Herstellungsprozess kennen und besichtigen ebenso die Abfüllanlagen sowie die Lagerstätten der Eichen-fässer. Höhepunkt ist natürlich die Verköstigung verschiedener Whiskysorten aus dem Hause Jim Beam.
Nun sind es gerade Mal noch vier Wochen die uns bis nach Baltimore bleiben. Alle wichtigen Termine, wie die Verschiffung des James oder unsere Rückfluge, stehen nun fest. Immer mehr beschäftigen wir uns auch mit der Zeit nach unserer Ankunft Zuhause. Wird Linda im darauffolgenden Schuljahr mithalten können? Klappt der berufliche Einstieg reibungslos? Kommen wir überhaupt mit dieser durchstrukturierten Lebensweise in Deutschland noch klar? Fragen über Fragen – aber wir werden sehen.
Unsere Weiterfahrt gen Osten führt uns nun durch den „Cumberland Gap NHP“. Berühmt wurde der Pass im 18. und 19. Jahrhundert als Hauptweg der weißen Siedler durch das Gebirge der Appalachen ins Landesinnere Nordamerikas. Von dort ist es nun nicht mehr weit, bis wir den „Great Smoky Mountains NP“ erreichen. Es ist das größte Naturschutzgebiet östlich der Rocky Mountains und der meistbesuchte Nationalpark in den USA.
Zwischenzeitlich hat es zu regnen begonnen und es ist merklich kühler geworden. Über den touristisch stark frequentierten Ort Gatlinburg fahren wir in den Park hinein. Während wir der wunderschönen „Scenic Road“ quer durch den Nationalpark folgen, bessert sich auch zunehmend das Wetter.
Wir können jetzt sehr gut beobachten, woher dieses Gebiet seinen Namen erhielt. Der aufkommende Nebel lässt den Eindruck erwecken, als legten sich dicke Rauchschwaden an die Berghänge und über die unendlich scheinenden Wälder – ein irrer Anblick. Am höchsten Punkt der Parkstraße überqueren wir die Grenze nach North Carolina. Fast nahtlos reiht sich am Ende des Parks bei Cherokee der Blue Ridge Parkway an, der hier in Richtung Norden beginnt. Schon vor 10 Jahren befuhren wir diese knapp 800km lange Panoramastraße, die damit auch die längste ihrer Art in den USA ist – damals allerdings in entgegengesetzter Richtung.
Nach knapp 100km verlassen wir die nahezu menschenleere Straße wieder und stürzen uns auf die Interstate in Richtung Osten. Es hat sich eingeregnet. Seit Tagen haben wir kaum die Sonne gesehen und alles fühlt sich nur noch klamm an. Wir haben allerdings die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass das Wetter an der Atlantikküste besser sein könnte.
Vorbei an Raleigh und Plymouth erreichen wir Swanquarters, das direkt am Atlantischen Ozean liegt. Tatsächlich – je näher wir der Küste kommen, desto besser wird das Wetter und nach geraumer Zeit strahlt die Sonne wieder vertraut auf uns herab. Von dem kleinen Fischerort Swanquarters setzen wir mit der Fähre nach Ocracoke auf die Outer Banks über. Die zweieinhalbstündige Überfahrt führt uns auf eine knapp 300km lange Inselkette, die vor der Küste North Carolinas im Atlantik liegt und als „National Seashore“ ausgewiesen ist.
Alle zugehörigen Inseln verfügen über schneeweiße Strände, von denen manche auch mit geländetauglichen Fahrzeugen befahren werden dürfen – da gehören wir leider nicht dazu. Bäume oder höhere Gebäude sucht man hierdraußen vergebens. Sie wären nur Spielbälle für die jährlich wiederkehrenden Hurrikans, die auf dem Weg zum Festland die Inseln überqueren. Auf der einzigen durchgehenden Straße, die die einzelnen Inseln miteinander verbindet, fahren wir nordwärts bis kurz vor das „Cape Hatteras“. Da sich das Wetter wieder von seiner hochsommerlichen Seite zeigt, wollen wir nochmals für mehrere Tage auf einem Campingplatz verbringen. Dieser liegt so geschützt hinter den hohen Dünen, dass wir in der Nacht wieder bei offener Schiebetür schlafen können.
Es ist der ideale Ort für einen Badeurlaub. Nahezu menschenleere Strände soweit das Auge reicht. Das Wasser ist angenehm warm und in den hohen Wellen lässt es sich wunderbar herumtollen. Auf einer der Inseln befindet sich auch das „Graveyard of the Atlantik Museum“. Sehr eindrucksvoll werden in Filmen und auf Bildern verschiedene Schiffkatastrophen der letzten Jahrhunderte dargestellt, die sich vor den Outer Banks ereignet haben. Auch unsere Meri kommt hier nicht zu kurz. Wir unternehmen ausgedehnte Spazier-gänge und an den schier unendlich scheinenden Stränden stört sich auch niemand an freilaufenden Hunden.
Obwohl wir es hier draußen noch eine Zeitlang aushalten würden, müssen wir uns doch so langsam wieder auf den Weg machen. Vorbei am Leuchtturm von Cape Hatteras folgen wir der Inselkette mit ihren vielen Brücken und Fährverbindungen weiter nach Norden. Hinter Roanoke Island erreichen wir das Wright Brother NM. Von einem Hügel aus fand hier 1903 der erste Flug eines Motorflugzeugs der Gebrüder Wright statt. Auf dem weitläufigen Gelände und in einem Besucherzentrum wird der Beginn der motorisierten Luftfahrt sehr lebendig wiedergegeben. Bei einem Rundgang sehen wir vom Starthügel des ersten legendären Fluges aus dicke, schwarze Wolken vom nahen Atlantik her anrücken. Kurz darauf fängt es von neuem an zu regnen.
Über die vier Kilometer lange „Wright Memorial Bridge“ verlassen wir nun endgültig die Outer Banks und fahren weiter in nördlicher Richtung bis Currituck. Von dort setzen wir mit der Fähre nach Knotts Island über. Es regnet nun Tag und Nacht. Obwohl es gar nicht so heiß ist, schwitzen wir rund um die Uhr. Zwischenzeitlich ist es so schwül geworden, wie wir es eigentlich nur aus den tropischen Regionen kennen. Selbst Meri müssen wir mit allen Regeln der Kunst zum Gassi überreden – sie verkriecht sich zumeist unter der Sitzbank und ist eigentlich überhaupt nicht da.
Es geht nach Virginia hinein und wir erreichen die Ufer der Chesapeake Bay. Vor uns liegt ein Bauwerk, das wir in dieser Form bis dato noch nicht gesehen haben. Es geht über den 37km langen Chesapeake Bay Bridge-Tunnel. Dabei überqueren und durchfahren wir die gleichnamige Bucht auf mehreren Brücken- und Tunnelabschnitten. Auf einer der künstlich errichteten Inseln gibt es einem Info-Center, an dem wir alles Wissenswerte über das einzigartige Bauwerk erfahren. Vor knapp einem Jahr erreichte unser James auf einer RoRo-Fähre durch diese Bucht seinen Zielhafen in Baltimore. Doch schon in weniger als zwei Wochen wird er auf dem gleichen Wege den amerikanischen Kontinent wieder verlassen und Richtung Europa schippern.
Wir haben Maryland erreicht. An einem der zahlreichen Fisch-stände entlang der Straße, kaufen wir eine große Tüte frischer Atlantikshrimps. Auf einem nahegelegenen Parkplatz bereitet Bernadette die Schalentiere, mit reichlich Knoblauch und Butter, zu einem leckeren Abendessen in unserer Bordküche zu.
Vorbei an Salisbury geht es kurz darauf nach Delaware hinein. Schon vor Tagen haben wir uns erneut bei unserem Freund Dieter in Bear angekündigt. Wir wollen ihn vor unserer Rückreise nach Deutschland nochmals besuchen. „Kommt wann immer ihr wollt und bleibt solange ihr Zeit habt“ waren seine Worte in seinem immer noch unverkennbaren Obereisesheimer Dialekt.
Die Wiedersehensfreude nach einem knappen Jahr ist groß und es gibt von beiden Seiten so allerhand zu erzählen. Doch zuvor wurde noch vor dem Haus das amerikanische "Star-Spangled Banner" durch die Obereisesheimer Fahne ersetzt. Wir dürfen auch wieder in seinem großen und vor allem angenehm klimatisierten Haus wohnen. Draußen ist es nach wie vor sehr schwül. Hier können wir nun in aller Ruhe unseren James wie auch das Gepäck auf die Überfahrt bzw. den Rückflug vorbereiten und packen.
Da wir bis zu unserer Abreise noch etwas Zeit haben und Dieter unter der Woche sowieso berufstätig ist, fahren wir noch für ein paar Tage in den „Cape Henlopen SP“, im Süden von Delaware. Dieser liegt genau an der Mündung der Delaware Bay in den atlantischen Ozean. Das Wasser ist angenehm erfrischend und so können wir uns noch etwas von den „Reisestrapazen“ erholen.
Ein weiteres Highlight in der amerikanischen Geschichte, und somit ein „must see“, ist in Gettysburg/Pennsylvania der National Military Park. Den können wir binnen zwei Stunden von Bear aus erreichen. Rund um Gettysburg fand im Juli 1863 eine der entscheidenden wie auch blutigsten Schlachten des amerikanischen Bürgerkrieges statt. Im Visitor Center des Parks wie auch in dem angrenzenden Museum wird sehr eindrucksvoll in Bild und Ton der Verlauf der dreitägigen Schlacht wiedergegeben. Auf einem großen Loop fahren wir anschließend noch die einzelnen Schlachtfelder ab. Auch hier wird uns die Grausamkeit und Sinnlosigkeit dieses Kriegs auf den verschiedenen Info-Tafeln in einer sehr nahegehenden Art vermittelt.
Bereits auf der Fahrt nach Gettysburg ließen wir in Westminster/Maryland unsere Meri in einer Tierklinik untersuchen und gegen Tollwut impfen. Somit erhielten wir auch das von der Airline geforderte Gesundheitszertifikat, das wir für den Rückflug benötigen.
Wieder zurück in Bear beginnen wir nun die gesamten Anbauteile wie Motorrad- und Fahrradträger sowie die große Alubox zu demontieren und im Fahrzeug unterzubringen. Unser Gepäck sortieren wir nach drei Kategorien: im Fahrzeug verpacken, sofort im Flugzeug mitnehmen und Handgepäck. Nach zwei Tagen ist alles nach unseren Vorstellungen verstaut.
Am Vortag unserer Abreise holen wir am Flughafen von Philadelphia den bereits reservierten Mietwagen ab. Den letzten Abend verbringen wir nochmals gemeinsam mit Dieter bei einem typischen amerikanischen Barbecue und reichlich Büchsenbier.
Erst spät und das auch nicht mehr ganz nüchtern begeben wir uns zum letzten Mal auf dieser Reise zu Bett. Es fällt uns schwer, in dieser Nacht zur Ruhe zu kommen. Zu viele Gedanken hängen in unseren Köpfen herum, die uns das Einschlafen nicht gerade erleichtern.
Pünktlich klingelt der Wecker und wir verabschieden uns von Dieter. Nachdem die Haustüre hinter uns ins Schloss fällt, machen wir uns mit den beiden Fahrzeugen auf den Weg in den Hafen von Baltimore. Dort angekommen geht alles relativ zügig von statten. Die Papiere liegen beim Zoll bereits zur Abholung bereit. Mit dem gesamten Papierkram in Händen müssen wir wieder einen Escort-Service beauftragen, der mit uns auf das Hafengelände fährt. Dort können wir unseren guten James nun endgültig zur Verschiffung abstellen. Wehmütig schauen wir nochmals zurück.
Da steht er nun – nach knapp 35.000 unfallfreien Kilometern in den letzten zwölf Monaten, komplett abgespeckt und inmitten anderer Fahrzeuge. Hier wartet er geduldig auf seine Verladung auf die RoRo-Fähre, die ihn dann wieder nach Deutschland zurückbringen wird.
Da wir noch ein paar Stunden bis zu unserem Heimflug haben, besichtigen wir das nahegelegene „Fort Mc Henry NM“. Obwohl es ebenfalls für die Geschichte der Vereinigten Staaten bedeutsam ist, fuhren wir bis dato nur daran vorbei. Das Fort ist die Wiege des Textes zur amerikanischen Nationalhymne. Während einer Schlacht im britisch-amerikanischen Krieg 1813 wurden hier diese Zeilen zu Papier gebracht. Zu guter Letzt drehen wir noch eine große Runde auf dem Freigelände des Forts und schauen uns alles an.
Nun wird es aber Zeit, den Mietwagen am Flughafen abzugeben. Mit einem Shuttle Bus geht es zum Terminal. Das einchecken wie auch die Gepäckaufgabe klappen problemlos. Kurz vor dem Betreten der Maschine muss auch Meri in ihre Transportbox und wird direkt in den für sie vorgesehenen Frachtraum gebracht.
Pünktlich hebt unser Flieger ab und mit der untergehenden Sonne lassen wir den nordamerikanischen Kontinent endgültig hinter uns.
Exakt nach Flugplan landen wir wieder in Frankfurt. Meris Box steht bereits abholbereit da, nachdem wir das Gepäckband erreichen. „Germany Welcomes You“ – auf der Autobahn ist die Hölle los. Es ist nicht zu übersehen, dass wir wieder in Deutschland sind.
Zwei Wochen später trifft auch unser James im Hamburger Hafen ein. Dank der guten Vorbereitung klappt die Abholung perfekt. Schon nach wenigen Minuten sitzen wir wieder in unserem vertrauten mobilen Zuhause und fahren Richtung Heimat. Nachdem nun unser gutes Stück wieder vor der Haustür steht, ist auch diese Reise nur noch eine Geschichte.
Ein tolles Jahr ist viel zu schnell vergangen. Wir werden wohl sehr lange von den vielen schönen Erlebnissen und Erinnerungen zehren müssen. Auch der Alltag hat uns schneller wieder Griff, als uns lieb ist. Doch schon am Tag unserer Rückkehr nach Deutsch-land war für uns klar, dass wir so ein Jahr, in dieser oder ähnlicher Form, auf jeden Fall wiederholen werden – irgendwann ist die Zeit wieder reif dafür.