...unser "James"
>> seines Zeichens verbrauchsstark und leistungsarm <<
Nachdem wir uns dazu entschlossen hatten ab 2003 mit dem eigenen Fahrzeug den nordamerikanischen Kontinent zu bereisen, machten wir uns auf die Suche nach einem fahrbaren Untersatz. Allerdings hatten wir von Beginn an unsere genauen Vorstellungen, welche Mindestkriterien das Fahrzeug für die geplanten Langzeitreisen erfüllen musste – und da kam so einiges zusammen:
- es durfte nicht zu groß sein, sollte jedoch über genügend Innen- und Stauraum verfügen
- möglichst hohe Bodenfreiheit
- einfacher Dieselmotor ohne Turbo und ohne Zahnriemen sowie möglichst wenig Elektronik
- solide und robuste Verarbeitung des Basisfahrzeuges
- der Innenraum sollte kompakt sein und eine strapazierfähige Wohnmobilausstattung enthalten
- ...und ein kleineres Motorrad sollte am Heck transportiert werden können
Bei all den Ansprüchen die wir an unser neues Fahrzeug stellten, stießen wir auf der Suche immer wieder auf einen Mercedes Benz der Baureihe T1 (ein s.g. Bremer). Bei den Ausbauten kristallisierte sich sehr schnell "Westfalia" als solidester Wohnmobilausstatter für diesen Fahrzeugtyp heraus. Schlussendlich entschieden wir uns für einen gebrauchten Mercedes Benz 309D, Modell „James Cook“. Es handelt sich dabei zwar um keinen Rennwagen, aber das Basisfahrzeug wie auch der Motor gelten als sehr robust und zuverlässig – also, genau das richtige Fahrzeug für unser Vorhaben.
Hier ein paar Zahlen und Fakten zum Basisfahrzeug:
- Mercedes Benz 309D, Baujahr 1988
- 5-Zylinder Motor mit 3.0 l Hubraum
- 88 PS
- Verbrauch: ca. 12-14l auf 100km (entspricht ca. 18mi/Gal)
- 5-Gang Schaltgetriebe
- ca. 60l Dieseltank
- Auflastung von 2.800kg auf 3.200kg zul. Gesamtgewicht
- Maße (LxBxH): 5,24 x 1,98 x 3,0m (31,28m³)
Wohnmobilausstattung:
- Westfalia, Model „James Cook“ mit 4-5 Schlafplätze
- 65l Frisch- und 35l Abwassertank
- 18l festeingebauter Gastank
- 12l gasbetriebener Wasserboiler und 2-Flammenherd
- 2,3KW Diesel-Standheizung
- Spül- und Waschbecken, Nasszelle mit Dusche und Porta Poti
- 41l Kühlschrank (12V, 230V und Gas)
- 88Ah Starterbatterie; 2x65Ah Zusatzbatterien mit eingebautem Ladegerät (230V)
- 3x2m Markise
- Westfalia Fahrradträger und ein Lastenträger mit einem ca. 250l Packsack
Von Beginn an wurde unser „James“ immer wieder mit, mal mehr und mal weniger sinnvollen oder auch notwendigen, Zusatzaus-stattungen aufgerüstet. Im Folgenden haben wir die wesentlichsten Modifizierungen etwas näher aufgeführt.
Als erstes wurde eine ca. 400l große Alubox gebaut. Diese fand, anstatt des Packsacks, auf dem Lastenträger ihren Platz und diente als zusätzlicher Stauraum. Über das Internet erwarben wir einen gebrauchten Motorradträger, der dann an unsere Yamaha XT250 anpasst wurde. Berni, der Schrauber unseres Vertrauens, befestigte am Unterboden zwei Halterungsrohre, in die der Motorradträger gesteckt und dann verschraubt wurde. Dadurch verlängerte sich das Fahrzeug auf knapp 6,20m.
Als nächstes wurde der gesamte Boden des vorderen Fahrgastraumes mit einem sehr strapazierfähigen Nadelfilz beklebt. Dieser diente zum einen als zusätzliche Isolierung, reduzierte die Fahrgeräusche im Innenraum und verlieh dem gesamten vorderen Bereich eine schon fast wohnliche Atmosphäre.
Auch ein Spannungswandler von 12V Batteriespannung auf 230V Wechselspannung fand im Innenraum des James seinen Platz. Damit hatten wir nun die Möglichkeit auch ohne Landstrom z.B. beim „freien“ campen Kamera, Handy sowie das Laptop gleichzeitig zu laden. Da die Netzversorgung in Nordamerika 115V beträgt installierten wir zusätzlich einen Trafo, der uns die notwendigen 230V lieferte. Somit konnten wir den Kühlschrank und das verbaute Batterieladegerät auch über 115V Landstrom problemlos betreiben.
Zu guter Letzt installierten wir während unseres einjährigen USA Aufenthalts 2012/2013 ein 100Wp Solar Panel auf dem Dach.
Darüber wurden sowohl die Starter- wie auch die Zusatzbatterien permanent geladen und gleichzeitig gepflegt – sofern sich die Sonne am Himmel sehen ließ.
Für die Reisen ins heiße Mexiko kauften wir uns für nicht einmal US$100,-- bei Walmart eine kleine Zimmerklimaanlage, eine sogenannte „Window Unit“. Diese werden in aller Regel in Fenstern verbaut und sind zum kühlen von kleineren Zimmern gedacht. Also, genau das Richtige für unseren James, um den Wohlfühlfaktor auch bei heißen Nächten im Innenraum hochzuhalten. Mit geringfügigen Anpassungsarbeiten wurde daraus eine ideale „Self-Made-Klimaanlage“. Allerdings benötigten wir hierfür immer eine Landstromversorgung von 115V.
Da die Modelle des Mercedes T1 nie nach Nordamerika exportiert wurden, waren die Chancen auf Original Ersatzteile dort natürlich gleich Null. Daher hatten wir immer die wichtigsten Verschleißteile wie Öl-, Luft- und Dieselfilter, je einen Satz Bremsbeläge, Radlager und Keilriemen sowie weitere diverse Kleinteile mit an Bord.
Alles was an Ersatzteilen darüber hinausging, mussten wir mitbringen oder uns im Bedarfsfall nachschicken lassen.
Nachdem wir das Fahrzeug 2008 wieder nach Deutschland zurückgebracht hatten, waren an der Karosserie ausgiebige Schweißarbeiten fällig. Danach verpassten wir dem James eine neue Lackierung und die Original Dekorstreifen wurden wieder aufgeklebt. Nun war unser gutes Stück wieder ansehnlich und für weitere Reisen gewappnet.
Nach der zweiten erfolgreichen Rückkehr aus Nordamerika, im Jahre 2013, hatten wir die fällige Hauptuntersuchung wieder erfolgreich hinter uns gebracht. Allerdings bedurfte es hierfür ein paar mehr oder weniger aufwendigere Reparatur- und Instandsetzungsarbeiten – das gute Stück wurde ja in all den Jahren weder geschont und auch nicht jünger.
Im Frühjahr 2015 entschlossen wir uns dazu, die nun doch sehr durchgelegenen und in die Jahre gekommenen Sitzgruppen durch neue und etwas härtere Polster zu ersetzen. Dazu ließen wir uns noch von einer erfahrenen Schneidermeisterin neue Bezüge nähen.
Im Winter 2015/16 waren dann die beiden ISRI-Pilotsitze an der Reihe. Auch die waren nach über 250.000 Kilometern ziemlich durchgesessen und die Bezüge keines Falls mehr ansehnlich. Diesmal beauftragten wir eine erfahrene Autosattlerin im Ort, die unsere Vordersitze neu aufpolsterte und die Bezüge aus einem Mix aus Stoff und Kunstleder neu anfertigte.
Im Spätjahr 2017 wurden dann nochmals größere Karosserie- und Instandsetzungsarbeiten vorgenommen. Ziel war es, im darauffolgenden Jahr bei der nächstfälligen Hauptuntersuchung das „H“ Kennzeichen zu erhalten. Somit hätte unser James den Status eines „historischen Fahrzeuges“.
Dies war im Frühjahr 2018 dann auch der Fall.
Immer öfters machten wir uns nun Gedanken für die Zeit nach der „Ära James“. Eine weitere einjährige Reise war für 2019/2020 in Planung. Es stellte sich also für uns die Frage: mit dem „James“ oder mit einem neuen Reisemobil? Schlussendlich entschieden wir uns dazu, die anstehende Langzeitreise mit einem neuen Reisemobil, einem Expeditionsfahrzeug, antreten zu wollen.
Und so kam es, dass wir nach 18 gemeinsamen Jahren und knapp 265.000 gefahren Kilometern unseren treuen und zuverlässigen Wegbegleiter, schweren Herzens, an eine junge Familie weitergaben.
Wenn ihr nun noch mehr Lust und Interesse auf ältere Reisemobile bekommen habt, dann können wir euch das Buch von Christoph Blase "Oldtimer-Reisemobile der 1980er Jahre" wärmstens empfehlen. Darin findet ihr u.a. auch Bilder von unserem guten und legendärem "James".
Viel Spaß beim stöbern darin.