Iveco Daily 4x4

     >> ...der Kraftprotz aus Italien <<

 

Schon lange war die Überlegung in unseren Köpfen vorhanden, wie es wohl nach der einzigartigen Ära mit unserem legendären „James“ weitergehen sollte – kann da überhaupt noch was Vergleichbares oder gar Vernünftiges nachkommen?

Seit geraumer Zeit zerbrachen wir uns den Kopf darüber, was „der Neue“ für ein Fahrzeug sein sollte (Basisfahrzeug, Fahrwerk, Aufbau, Ausstattung, Anbauteile usw.). Aus den Erfahrungen unserer vielen Reisen mit dem „James“ wussten wir so ziemlich genau, was er alles haben und können musste und was nicht – es sollte auf jeden Fall in Richtung eines Expeditionsfahrzeug gehen. Also legten wir uns eine Liste an, um an Hand derer das Fahrzeug besser definieren zu können.

  • Allrad mit Sperren und hoher Bodenfreiheit (endlich dort hinfahren, wo es mit dem James aufhörte)
  • wenn möglich, max. Euro 4 (wir wollen ja nicht nur in Deutschland rumeiern)
  • Kabine muss vom Fahrerhaus aus begehbar und verschließbar sein (der Kabinenservice muss gewährleistet bleiben) 
  • Absolutes MUSS: ein Festbett (kein lästiges umbauen mehr – wir werden ja nicht jünger)
  • 4er Sitzgruppe die als 3. Bett umgebaut werden kann (Linda soll sich nicht rausgeschmissen fühlen)
  • Genug Stauraum (für Reisen auch durch mehrere Klimazonen und längeres autarkes Stehen)
  • Backofen (war der Wunsch von Bernadette und käme auch Hajo´s Gaumen seeehr entgegen)
  • Kompressor Kühlschrank mit mind. 100 Liter Inhalt und einem Gefrierfach
  • leistungsstarke Dieselstandheizung
  • Warmwasserboiler über Gas betrieben
  • keine Plastikfenster mehr
  • Innen- und Außendusche
  • zusätzliche Außenkochstelle
  • mindestens 200 Liter Frischwasser
  • etwa 400 Wp an Solarpanels
  • Motorradträger muss auf jeden Fall wieder dran
  • Möglichkeit der Beschattung vor dem Fahrzeug

Da standen wir nun mit unserer langen Liste und machten ein noch längeres Gesicht. Klar war jetzt nur, dass wir unsere Pläne mit einem 3,5t Fahrzeug so nicht realisieren konnten. Alles was wir uns anschauten, lag weit im sechsstelligen Euro Bereich und entsprach trotzdem nicht unseren Vorstellungen. Gebrauchte Reisemobile in dieser Kategorie zu finden, ist quasi unmöglich – und wenn ja, nahezu unbezahlbar. Bauen lassen, würde unser Budget recht schnell sprengen. Dann reifte so langsam der Gedanke, dass wir eigentlich unser neues Gefährt auch selbst bauen könnten – warum denn nicht, andere können das doch auch!

Wir machten uns schlau und schauten uns um. Ein Mercedes Atego 4x4 wäre keine schlechte Basis. Als Neufahrzeug allerdings viel zu teuer und zudem nur noch in einer Euro 6 Ausführung zu bekommen. Auch die Bundeswehr verkauft gebrauchte Ategos aus ihren Beständen. Die sind zwar etwas runtergekommen, aber dafür erschwinglich. Doch nach dem ersten Kilometer der Probefahrt war auch der von der Liste gestrichen – unsere Bandscheiben sind uns heute dankbar dafür.

Nun entdeckten wir bei einem Händler in der näheren Umgebung mehrere Iveco Daily 4x4 Fahrgestelle. Neufahrzeuge als 5,5 Tonner in „nachgerüsteter“ Euro 5 Ausführung, allerdings mit einer Doppelkabine. Und schon nach der ersten Probefahrt waren wir uns einig – das wird unser neues Basisfahrzeug.

Kaum stand „der Neue“ vor der Haustür, kam die Flex ins Spiel – die Doppelkabine musste runter. Nach mehreren Trennscheiben und vereinten Kräften hatten wir unser gewünschtes Fahrzeug mit einer Einzelkabine.

 

Als nächstes wurde der Radstand von 3.400mm auf 3.800mm verlängert. Um die Vorstellungen des Innenausbaus überhaupt realisieren zu können, bedurfte es einer Kabinenlänge von knappen vier Metern.

Diese etwas komplexere Aufgabe, ließen wir in einer freien LKW-Werkstatt in unserer unmittelbaren Nähe ausführen.

Auf der Suche nach einem Kabinenbauer, der die Wohnkabine nach unseren Vorgaben fertigen sollte, wurden wir auf der "Abenteuer & Allrad" in Bad Kissingen recht schnell fündig. Die Fa. TerraCAB, bei Ludwigsburg, wurde zum Kabinenbauer unseres Vertrauens. Mit Daniel, Ingo und Pierre standen wir während des Kabinenbaus ständig in Verbindung und fühlten uns zu jeder Zeit in aller besten Händen. Nach gerade mal sechs Wochen Bauzeit war die Wohnkabine mit einem Zwischenrahmen auf dem Fahrgestell montiert und mit dem Fahrerhaus über eine abschließbare Schiebetür verbunden.

Nun begann unser Teil des Ausbaus. Vier Fenster und ein Dachfenster sowie zwei Heckklappen mussten aus der Kabine geschnitten, eingebaut und verklebt werden. 

So nach und nach wurden Frisch- und Abwassertank sowie die dazugehörigen Komponenten verbaut. Warmwasserboiler und Gastank mit Anbauteilen und Leitungen wurden angepasst und ebenfalls montiert. Danach folgte noch der Einbau der Diesel-Standheizung und die Verlegung der notwendigen Heizungsrohre.

Bei den Schweißarbeiten für den Sitzbock, als TÜV-konformer Unterbau der hinteren Sitzbank, hatten wir Unterstützung von Berni. Beim Möbelbau war es Volker, mit dem Hajo einige Wochenenden und Nächte in seiner Werkstatt verbrachte. Das Leichtholz zum Bau der Möbel bezogen wir von einem renommierten Zulieferer für den Caravan Ausbau, mit Sitz auf der schwäbischen Alb.

Alles was mit der Elektrik zu tun hatte, war dann wieder Hajo´s Part. So nahm der Iveco innen wie außen immer mehr Form an und wurde langsam aber sicher zu einem ansehnlichen Reisemobil. Nachdem nun auch die elektrische Trittstufe, die Solarpanels und die seitlichen Stauboxen montiert waren, stand dem Weg zur Gasprüfung und zur TÜV-Abnahme nichts mehr entgegen.

Nach vier arbeitsreichen Monaten Ausbauzeit konnten wir die Jungfernfahrt nach Südfrankreich antreten. Während dieser Tour sammelten wir die ersten Eindrücke und Erfahrungen im Umgang mit unserem neuen Reisegefährt. 

Von dort zurück, hatten wir noch gut drei Monate Zeit, um die verbleibenden Restarbeiten bis zur ersten Verschiffung zu erledigen. U.a. musste noch ein „altersgerechter“ und abnehmbarer Motorradträger konstruiert, gebaut und montiert werden. Wieder war es Berni, der uns dabei mit seinen Erfahrungen tatkräftig unterstütze.

Eine 3,3m lange Kederschiene wurde über dem Fenster auf der Beifahrerseite montiert. Sie dient zum Einziehen eines "Tarpe", das als Sonnenschutz fungiert. Außendusche wie auch Außenküche wurden noch installiert und in Betrieb genommen. Dazu bekam der Iveco einen s.g. „Schnorchel“ verpasst. Dieser ermöglicht eine tiefere Wasserdurchfahrt sowie eine erhöhte Luftansaugung. Zuletzt wurden noch ein paar Aufkleber angebracht, damit wir nicht mit dem „Eismann“ verwechselt werden. In Anbetracht dessen, dass die Verschiffung immer näher rückte, haben wir das Lackieren des Fahrzeuges auf einen späteren Zeitpunkt verschoben.

 

Uns hatte die Expedition von Lewis & Clark (1804-1806) schon immer fasziniert. Da wir zudem einen Großteil dieser außergewöhnlichen Route bereits bereist hatten gab es uns den Anlass, das offizielle Logo dieser Expedition auf unserem Fahrzeug anzubringen.

Auf unserer ersten Nordamerika Tour, 2003, fanden wir zudem unsere Hündin Meri am Memorial von „Captain Meriwether Lewis“. Daher darf auch sie an dessen Seite nicht fehlen. 

So wurde unser neues Reisemobil, in einem mehr oder weniger fertiggestellten Zustand, zum ersten Mal über den Atlantik geschippert. Den Kraftstoffanschluss der Standheizung für die Wohnkabine hatte Hajo z.B. erst nach ein paar frostigen Nächten, quasi „on the road“, abgeschlossen. Die darauffolgende und erfolgreiche Inbetriebnahme wurde natürlich von allen Mitreisenden "wärmstens" begrüßt.

Während unserer „Corona Zwangspause“ in Arizona ließen wir uns verstärkte Stoßdämpfer der Fa. Marquart zuschicken. Diese bauten wir sofort an Ort und Stelle ein. Schon die erste Fahrt mit den neuen Dämpfern vermittelte uns ein Fahrgefühl, in einem ganz anderen Fahrzeug zu sitzen –  wir waren vollauf begeistert.

Hier noch ein paar Zahlen und Fakten zu unserem neuen Reisemobil:

Basisfahrzeug:

 

  • Iveco Daily 4x4 Model 55S17W, Baujahr 2015 – EZ 04/2019
  • max. zul. Gesamtgewicht: 5.500kg (kann aber noch auf 6.150kg aufgelastet werden)
  • 4-Zylinder Diesel Reihenmotor mit 3.0l Hubraum (in nachgerüsteter EURO 5 Ausführung)
  • ca. 180 PS bei 3.600Nm
  • Verbrauch: ca. 13-15l auf 100km (oder: 17Meilen/Gallone – für unsere amerikanischen Freunde)
  • 6-Gang (bzw. 24-Gang) Schaltgetriebe mit permanentem Allradantrieb (50:50)
  • 2x untersetzbar (1:1,3 und 1:3)
  • zuschaltbare Sperren für Vorder- und Hinterachse
  • Reifengröße: 9,5R/17,5 AT, 255/100 R Off Road und 37x12,5R17MT (für Reisen außerhalb Europas)
  • Radstand von 3,40m auf 3,80m verlängert
  • verstärkte Marquart Stoßdämpfer vorne und hinten
  • ca. 90l Dieseltank plus 2x 20l Kanister (Reichweite etwa 800km)
  • zwei luftgefederte ISRI Einzelsitze
  • Klimaautomatik
  • Blaupunkt Radio/CD/USB/SD
  • Dash-Cam
  • Höhenmesser
  • Rückfahrkamera mit 4,3 Zoll Bildschirm
  • 5,0KW Webasto Dieselstandheizung in der Fahrerkabine
  • Ridgeline Schnorchel zur erhöhten Luftansaugung
  • 3-teiliges Entlüfterset für Verteilergetriebe und beide Achsdifferenziale (nach der Rückkehr aus den USA nachgerüstet)
  • Gesamtmaße des Fahrzeuges mit Wohnkabine (LxBxH):  6,20 x 2,20 x 3,08m  (42m³)
  • Gesamtgewicht mit kompl. Reiseausstattung, Motorrad und vollen Tanks: ca. 5.200kg

 

Wohnkabine:

 

  • 60mm Aluminiumkabine (2mm Alu außen, 1mm Alu innen, 57mm PU Schaum)
  • Außenmaß der Kabine (LxBxH):  3,90 x 2,20 x 2,04m / Stehhöhe 1,93m
  • Außenmaß des Alkoven (LxBxH):  0,70 x 2,00-2,20 x 0.20-0,50m
  • 4 Echtglas- und ein Dachfenster (Outbound)
  • große Heckgarage mit je einer Klappe pro Seite (Outbound)
  • seit 12/2021:  große Dachklappe über dem Bett (0,90 x 0,90m)
  • Festbett hinten quer (1,95 x 1,4m)
  • 4 Personen Sitzgruppe kann auch als Bett fungieren (1,85 x 0,85m)
  • Dusche im Eingangsbereich mit Bodenfliese und Edelstahlablaufrinne (0,7 x 0,65m)
  • Kassettenklo mit elektr. Spülung und Absaugung
  • Spülbecken mit Abtropfvorrichtung
  • 2-Flammenherd (Gas)
  • Backofen mit Grill (Gas)
  • 108l Kompressor Kühlschrank, davon 10l Gefrierfach (12V)
  • 210l Frisch- und 45l Abwassertank
  • 30l festeingebauter Gastank
  • 10l Warmwasserboiler (Gas)
  • 4,0KW Diesel Standheizung (Planar)
  • Außendusche
  • Außenkochstelle mit 2-Flammenherd (Gas)
  • einziehbares Tarpe (3,3 x 2,4m)    

 

 

Elektrik:

 

  • 2x 12V/100Ah AGM Bordbatterien
  • ab 12/2021:  2x 12V/100Ah LiFePo4 Batterien
  • 3x 130Wp Solarpanel mit Laderegler
  • 1.000W Wechselrichter (12V= / 230V~)
  • ab 09/2024:  2.000W Wechselrichter
  • Ladebooster (B to B Loader)
  • Landstrom Anschluss (115V oder 230V)
  • 1.500W Inverter (115V / 230V / 115V)
  • fest verbautes Batterie Ladegerät (12V / 20A)
  • 12V Kompressor bis 10bar (150psi) Reifendruck
  • komplette Innenbeleuchtung in LED ausgeführt
  • elektr. Trittstufe (Kwikee MTE 0840)
  • 12V Seilwinde (3.000lbs) für den Motorradträger
  • reichlich 230V, 12V und USB Steckdosen

Vom ersten Pinselstrich bis zur Verschiffung vergingen knapp 15 Monate. Unser Reisemobil war zwischenzeitlich zwar reisefertig aber noch lange nicht fertiggestellt. Auch während der Nordamerika Reise 2019/2020 wurden ständig kleinere Optimierungen und Ergänzungen vorgenommen. Eine eigens angefertigte „todo Liste“ wurde Zusehens länger und nach unserer Rückkehr im August 2020 so nach und nach abgearbeitet.

Seit April 2020 könnt ihr alles Wesentliche und Wissenswerte über unseren Iveco auch in der Fahrzeuggalerie von Ulrich Dolde nachlesen. Dort hatte uns Ulrich als 500. Fahrzeug in seiner Galerie aufgenommen – vielen Dank für diese Ehre.

 

Auf diesem Wege möchten wir uns nochmals bei all denjenigen recht herzlich bedanken, die uns bei der Realisierung zum Bau des neuen Reise- bzw. Expeditionsmobil unterstützt und geholfen haben.