2004 Mexiko - Reisebericht 1

 

 

Dieses Mal halten sich die Vorbereitungen, im Gegensatz zum letzten Jahr, doch sehr in Grenzen. Viele Dinge die auf unserer „todo-Liste“ vermerkt waren, konnten wir schon im Laufe der letzten neun Monate erledigen. Nur die Buchung des Fluges für Meri war absolutes Neuland für uns. Der Reisetermin wie auch das Ziel unserer diesjährigen Tour stand ebenso schon seit langem fest – es sollte nach Mexiko gehen. Wir hatten also genügend Zeit, uns ausgiebig zu informieren und eine ideale Route für die anstehenden zehn Wochen zurechtzulegen.

Doch bekanntlich kommt es meistens anders als man denkt und diese Erfahrung sollten auch wir machen.

 

Unser Transatlantikflug beginnt in Frankfurt. Für Meri ist es ein Erstes zurück in ihre alte Heimat. Gleich nach dem einchecken muss sie in die mitgebrachte Transportbox und wird zur Sonderverladung gebracht – näheres unter Reisen mit Hunden.

Nach einem kurzen Zwischenstopp in Pittsburgh/PA fliegen wir weiter nach Phoenix/AZ. Schon bei der Ankunft schlägt uns die gewaltige Sommerhitze der Wüstenmetropole entgegen. Kind und Hund haben die beiden Flüge sehr gut hinter sich gebracht. Erfreulicherweise steckte Meri die Flugstrapazen äußerst gelassen weg.

Sandra erwartet uns bereits am Gate und wir freuen uns schon mächtig darauf, den James reisefertig zu machen und auf Tour gehen zu dürfen.

Doch die Ernüchterung folgt recht schnell. Schon bei der Ankunft auf der TT-Ranch kommt uns Jens mit den Worten entgegen "...ich glaube, mir ist da was dummes passiert". Durch eine Unachtsamkeit hatte er die Tanks an unserem Fahrzeug verwechselt und den Wassertank mit Diesel befüllt – oh je! Da dies aber schon über ein halbes Jahr her war gibt es für uns gar keine andere Möglichkeit, als den Wassertank mitsamt allen Schläuchen und der Pumpe, auszubauen und durch Neuteile zu ersetzen. Im ersten Augenblick scheint unser gesamtes Vorhaben für dieses Jahr in weite Ferne zu rücken. Wo sollen wir so schnell einen neuen Wassertank herbekommen? Für ein Fahrzeug, das man in Nordamerika noch nicht einmal kennt? Sollen wir anfangen zu improvisieren oder zu basteln? Fragen über Fragen tun sich auf. Doch Bernadette behält als Einzige, trotz der schier ausweglosen Lage und den hochsommerlichen Temperaturen, einen kühlen Kopf. Sie setzt sich sofort mit Westfalia in Verbindung, schilderte unser Problem und schon nach wenigen Tagen macht sich das begehrte Teil von Deutschland über den Atlantik auf den Weg nach Phoenix.

Nach einer Woche intensiver Akklimatisierung und Ausflügen in den kühleren Norden von Arizona, können wir unseren ersehnten Wassertank in Empfang nehmen und einbauen. Zwei Tage später heißt es dann endlich wieder „on the road again“.

Eine grobe Route mit vielen interessanten Anlaufpunkten haben wir uns längst schon zurechtgelegt – Zeit dafür hatten wir ja  genug.

Über Gila Bend und Yuma fahren wir nach Kalifornien. Kurz vor der Mündung des Colorados in den Golf von Mexiko, in der Kleinstadt Mexicali, überqueren wir die Grenze nach Mexiko. Die gesamte Abfertigung geht recht flott. Wir lassen uns das notwendige „Banjercito“ ausstellen, das wir später für die Überfahrt auf das mexikanische Festland benötigen. Da wir die vorgeschriebene Fahrzeugversicherung schon im Vorfeld abgeschlossen hatten, tauschen wir nur noch ein paar „Dollares“ in mexikanische Pesos ein bevor wir unsere Reise fortsetzen.

Es geht durch das Städtchen Tecate, von wo auch das gleichnamige Bier stammt. Durch die herrliche Wüstenlandschaft der nördlichen Baja California fahren wir bis nach Ensenada, direkt an der Pazifikküste. Die Straßenverhältnisse sind ausgezeichnet und wir kommen gut voran. 

Wir schauen uns einen sogenannten Brandungsgeysir an, „La Bufadora“. Dort presst die ganze Kraft des Pazifiks das Wasser durch eine schmale Öffnung in Form einer riesigen Fontäne gen Himmel. Auf einem menschenleeren Stellplatz, der direkt über der Steilküste liegt, erleben wir unseren ersten spektakulären Sonnenuntergang dieser Reise.

Nun sind auch die ganzen Aufregungen der letzten Woche so gut wie vergessen und wir können jetzt sogar darüber schmunzeln.

Unser nächstes Ziel ist die Bucht von San Quintin. Auch auf diesem Stellplatz sind wir für mehrere Tage die einzigen Gäste. Die meiste Zeit verbringen wir mit abhängen, schwimmen oder Motorradfahren an dem kilometerlangen Sandstrand. Ebenso können wir Delfine beim Jagen beobachten. Um die vorbeiziehenden Wale sehen zu können, sind wir allerdings noch zu früh dran. Von den örtlichen Fischern, die jeden Tag am Strand ihren Fang einbringen, kaufen wir des Öfteren Fische oder Muscheln direkt vom Boot weg ab. Diese werden am Abend zu einem leckeren Mahl zubereitet.

Es geht weiter der Baja California mit ihrer einzigartigen Landschaft entlang. Viele der Kakteen die wir sehen sind endemisch. Im Prinzip gibt es nur eine Straße, die "Mex 1", die von Norden nach Süden auf der rund 1.200 Kilometer langen Halbinsel verläuft. Immer wieder führen Stichstraßen links oder rechts zu den kleinen Fischerdörfern mit ihren zumeist einsamen Stränden. Eines dieser Dörfer ist Bahia de los Angeles. Hier ist ein anfänglicher Hauch von touristischer Infrastruktur erkennbar. Auch das Tanken ist in manchen dieser Dörfer noch recht abenteuerlich. Aus Fässern wird der benötigte Treibstoff in den Fahrzeugtank gepumpt und anschließend die getankte Menge sowie der Preis großzügig geschätzt.

Bei Guerrero Negro überqueren wir die Bundesgrenze von Nord-Baja nach Süd-Baja California. Dabei muss sich unser James einer Inspektion auf mitgeführte Früchte sowie einer Unterbodenreinigung unterziehen.

Danach geht es erneut durch grandiose Wüstenlandschaften auf der zweitlängsten Halbinsel der Welt weiter in Richtung Süden.

Über San Ignacio, einem wunderschönen Oasenstädtchen, und Santa Rosalia erreichen wir die „Bahia Concepcion“ die sich auf der Innenseite der Halbinsel befindet. Hier haben sich bereits mehrere amerikanische Camper niedergelassen. Wir können unseren James unter eine  "Palapa" stellen, die zumindest einen kleinen Schutz vor der Sonne und den derzeit hohen Temperaturen von bis zu 44°C bietet. Die Nächte sind immer noch so heiß, dass wir bei offener Schiebetür schlafen können. In der Bucht selbst lässt es sich wieder herrlich schnorcheln und tauchen. Einziger Wehrmutstropfen, ist das Fehlen von Frischwasser. Trotz schwäbischer Sparsamkeit zwingt uns diese Tatsache leider dazu, diesen schönen Flecken Erde nach ein paar Tagen wieder zu verlassen.

Wie schon im Jahr zuvor versuchen wir unsere Fahrten auf die Morgen- und Abendstunden zu legen. Es ist die Zeit, in der Linda zumeist schläft. Während der Weiterfahrt in Richtung Süden bleiben wir für ein paar Tage auf einem schönen und neu renovierten Campingplatz bei Todos Santos hängen. Den erreichen wir aber nur über eine abenteuerlich zu befahrene Sandpiste. Wieder sind wir die einzigen Gäste. Dies könnte jedoch auch daran liegen, dass dieser Platz noch vor einem Jahr durch einen Hurrikan total zerstört und quasi unerreichbar war. Dank einer CD, auf der sich sämtliche aktuellen Camping- und Stellmöglichkeiten Mexikos befinden, bleibt uns oft ein langwieriges Suchen erspart. Diese hatten wir von Monika und Dietrich erhalten, die wir im Jahr zuvor auf unserer ersten Nordamerika Tour in Florida kennengelernt und danach auch in Deutschland besucht hatten.

An der Südspitze der Baja California befindet sich Cabo San Lucas. Es ist die Partymeile vieler amerikanischer Studenten, die hier ihre „Spring Breaks“ verbringen. Auch die Verkehrssituation ist längst nicht mehr so entspannt wie zuvor. So sehen wir zu, dass wir weiterkommen und umrunden recht zügig das Kap. Als "Geheimtipp" wird uns der Badeort Los Barriles empfohlen. Uns gefällt es sehr gut hier, jedoch hat der Tourismus schon lange Einzug gehalten. Hauptsächlich sind es die amerikanischen Hochseefischer, die diesen herrlichen Küstenabschnitt für sich in Anspruch nehmen.

Im Hafen von La Paz machen wir uns über die Fährmöglichkeiten auf das mexikanische Festland kundig und können sogar noch am selben Nachmittag die Überfahrt antreten. Im Hafen von Pichilingue wird das bereits ausgestellte "Banjercito" kontrolliert – jedoch muss noch das Motorrad im Permit nachgetragen werden. Auf der Fähre lernen wir Daniel aus Stuttgart kennen. Er lebt z.Zt. in Boise/ID und ist mit seiner BMW auf einer Tour rund um den Golf von Mexiko unterwegs.

Pünktlich nach dem Frühstück legen wir in Mazatlán, auf dem mexikanischen Festland an. Das trockene Wüstenklima haben wir nun hinter uns gelassen und feuchtheiße Luft schlägt uns entgegen. Wir sind auf dem Weg nach Tequila, von wo auch das gleichnamige Getränk stammt. Auf einer tollen Strecke geht es stetig bergan und ab Tepic wird dann auch die Hitze etwas erträglicher. In der Region rund um Tequila gibt es riesige Felder mit den blauen Agaven, die in den unzähligen Destillerien der Stadt verarbeitet werden. Wir lassen es uns natürlich nicht nehmen, eine dieser Destillerien "ausgiebig" zu besichtigen. Allerdings ist danach an eine Weiterfahrt überhaupt nicht mehr zu denken.

Die Stadt selbst ist sehr schön und sauber gehalten. Ihre Bewohner sind freundlich und äußerst hilfsbereit.

Höhepunkt ist natürlich die ausgiebige Tequila-Probe der verschiedenen Produkten aus dem Haus.

In den nächsten Tagen passieren wir die zweitgrößte Stadt des Landes, Guadalajara. Entlang der "Sierra Madre del Sur" und vorbei an Colima stoßen wir wieder auf den Pazifik und erleben die Panamericana pur. LKW an LKW in beiden Richtungen, schlechte Straßenverhältnisse und ein zähes Vorankommen. Das Fahren erfordert höchste Aufmerksamkeit – Rücksicht ist auf dieser Straße ein Fremdwort. Immer wieder überfahren wir die sogenannten „Topes“, teilweise auch ohne vorhergehendes Warnschild. Diese z.T. illegal angebrachten „Speed Breaker“ findet man allerdings im ganzen Land und sind mit ein Grund, von Nachtfahrten abzusehen. 

Es geht an den Badeorten Playa Azul und Ixtapa Zihuatanejo vorbei. Wenn immer es möglich ist halten wir an, gehen baden oder schlendern mit Kind und Hund den herrlichen Sandstränden des pazifischen Ozeans entlang.

Wir erreichen die wohl größte Touristenmetropole Zentralamerikas, Acapulco, mit ihrer herrlichen Bucht und den traumhaften Stränden ringsherum. Leider ist die gesamte Bucht von hässlichen Bettenburgen aus Beton umgeben. Die Altstadt selbst hat bis heute allerdings ihren Charme beibehalten. Am Abend sind es die vielen kleinen Restaurants, Fressbuden und Kneipen in den engen Gassen sowie die unzähligen Straßenmusiker, die diesem Teil der Stadt Leben einhauchen. Berühmt wurde die Stadt ebenso durch die „Clavadisdas“, die Felsenspringer im Stadtteil Quebrada. Sie stürzen sich jeden Abend von einem 30m hohen Felsen aus spektakulär ins Meer. Allerdings hält sich unsere Begeisterung durch den Dauerregen doch sehr in Grenzen. Lindas Highlight ist da eher der "Parque Papagayo" – dort befindet sich nämlich ein großer Spielplatz mit Kletterwand und Eisdiele.

...erhöhtes "Käfer-Aufkommen" vor der Toren von Acapulco

Schon sehr früh am Morgen lassen wir Acapulco wieder hinter uns und folgen der Panamericana weiter nach Süden. Die Dichte an „Topes“ wird größer und die Straßenverhältnisse werden zusehends schlechter. In Puerto Escondido ist keiner der angegebenen Camping- oder Stellplätze auf unserer CD mehr vorhanden. Erst am Strand werden wir fündig. Eine Fahrt durch den Ort ist doch sehr ernüchternd. Aus dem „Geheimtipp“ von einst (1992 waren wir schon mal hier), wurde leider ein drittklassiger Ableger von Acapulco.

Vielleicht war es der nächtlich einsetzende Regen oder die vielen Moskitos und Sandflöhe, die uns tags darauf gleich wieder weiterfahren lassen. Wir haben kaum das Gefühl, hier länger bleiben zu wollen. Also fahren wir noch bis nach San Pedro Tapanatepec der Küste entlang, bevor wir dort endgültig die Panamericana verlassen. So nach und nach verschwindet auch der Pazifik hinter uns im Rückspiegel und die Straße windet sich jetzt immer weiter bergauf.

Langsam aber sicher kommt auch das schöne Wetter wieder zurück. Bei Tuxla Gutiérrez erreichen wir den National Park El Sumidero. Wir folgen der ausgeschilderten Serpentinen entlang des Canyons, bis wir den höchsten Punkt mit 1.040m über dem Fluss erreicht haben. Von hier oben genießen wir die grandiose Aussicht. Auf eine rasante Fahrt mit einem Speedboot durch die Schluchten des Canyons müssen wir diesmal leider verzichten, da Linda mit ihren knapp vier Jahren noch zu jung dafür ist. 

Unsere Fahrt geht weiter nach San Crisobal de las Casas, dem Hauptort des Bundesstaates Chiapas. Es ist eine schöne und geschichtsträchtige Kolonialstadt in der überwiegend Menschen indigener Abstammung leben. Überall findet man Stände mit leckeren Köstlichkeiten oder mit den typischen Souvenirs dieser Region. Zu Fuß und mit dem Motorrad erkunden wir die Stadt und die nähere Umgebung. 

In den Bergen rund um die Stadt gibt es noch viele Indiodörfer, in denen jedoch weiße Besucher nicht mehr gerne gesehen sind. 1993 war es uns noch möglich, mit einer Sondergenehmigung eines dieser Dörfer und ihre Bewohner zu besuchen.