2003 USA - Reisebericht 2

 

Nach ein paar gemeinsamen Tagen trennen sich unsere Wege wieder. Während die beiden auf dem direkten Weg nach Mexiko sind, fahren wir gemütlich weiter durch Alabama, Mississippi nach New Orleans im Bundesstaat Louisiana. Zwischenzeitlich haben wir unsere erste Zeitzone überfahren und dürfen die Uhren um eine Stunde zurückstellen. Die Luft wird merklich feuchter und das Klima zunehmend drückender. Auf der Fahrt ins "Mississippi Delta" fängt unser James plötzlich an zu schlingern – ein Plattfuß hinten links. Aber wir wären ja nicht in Amerika, wenn nicht jeder Vorbeifahrende uns sofort seine Hilfe anbieten würde. Relativ schnell können wir unsere Reise wieder fortsetzen. Am „Fort Jackson“, direkt am Mississippi, legen wir eine Pause ein und verschaffen uns eine Rundumsicht. Erst jetzt können wir erkennen, welche Dimensionen dieser Strom überhaupt hat. Riesige Schiffe, wie man sie eigentlich nur von den Weltmeeren her kennt, sind hier in großen Verbänden unterwegs.

In New Orleans nehmen wir uns einen Campingplatz in der Stadt. Von dort ist das Zentrum der Stadt mit dem öffentlichen Bus sehr bequem zu erreichen. Es ist eine äußerst interessante Stadt mit einem ganz besonderen Flair. Es gibt viele schöne Gebäude und noch mehr Musikkneipen. Leider bleibt uns der Zutritt zu Letzterem verwehrt, da Linda noch minderjährig ist. Also beschränken wir uns auf den historischen Teil der Stadt. Dabei schlendern wir über die „Bourbon Street“ die von Musikern und sonstigen Straßenkünstlern beherrscht wird. Anschließend statten wir noch dem „French Market“ einen Besuch ab und gehen ein größeres Stück dem "Ol´Man River" entlang.

Noch ahnt hier niemand, auf welch schreckliche Weise sich die Situation und das Bild dieser Stadt in drei Jahren verändern wird.

Wir verlassen diese schwüle Südstaaten Metropole wieder und folgen jetzt dem Mississippi flussaufwärts. Bei Natchez besichtigen wir eine ehemalige Baumwollplantage. Dort erfahren wir viel über die Herstellung der Baumwolle sowie dem Leben aus Sicht der Plantagenbetreiber wie auch aus der der Sklaven.

Ab Natchez stürzen wir uns auf den Natchez Trace Parkway. Dies ist wieder ein „Scenic Byway“ mit dem Status eines National Parks. Er ist über 700 km lang, verläuft durch drei Bundesstaaten, führt außer durch Jackson durch keine weiteren Orte und endet kurz vor Nashville in Tennessee. Entlang dieser wunderschönen, zumeist bewaldeten Strecke, gibt es viele einfache Camping-möglichkeiten die größtenteils kostenlos sind.

Es gibt immer wieder schicksalshafte Tage im Leben. Einen davon erleben wir am „Meriwether Lewis Memorial“. Hier kommt es zu einer Begegnung der ganz besonderen Art. Während eines Spaziergangs durch den Wald steht plötzlich eine junge schwarze Hündin vor uns. Weiteres Nachfragen auf dem Campingplatz ergibt, dass der Vierbeiner wohl ausgesetzt wurde und schon mehrere Tage hier unterwegs ist. Da die Ranger nur wenig Verständnis für herumstreunende Hunde haben, nehmen wir kurzentschlossen das Findelkind mal mit. Für Linda ist es jetzt schon eine beschlossene Sache, dass der Hund bei uns bleibt. Tags darauf lassen wir unser neues Familienmitglied von einem Veterinär in Nashville untersuchen. Bis auf etwas Untergewicht ist "Meri", wie wir sie genannt haben, kerngesund. Nun zu viert, setzen wir unsere Reise fort. Zuvor schauen wir uns noch Nashville, das als Wiege der Country Musik gilt, etwas näher an. Kaum ein Gebäude im Zentrum der Stadt, aus dem nicht Live-Musik auf die Straße schallt – herrlich.

                                                           

                                                             ...da soll noch einer wissen, wo es lang geht...

Zwischenzeitlich haben wir auch das Ziel unserer diesjährigen Reise festgelegt. Wir wollen bis Phoenix in Arizona fahren und können bei Sandra, auch ein Obereisesheimer Urgestein, unseren James abstellen.

Für die nächste Zeit wird Westen unsere Hauptrichtung sein. Über die „I-40“ erreichen wir Memphis. Wer diese Stadt besucht, kommt an einer Besichtigung von „Graceland“, das Zuhause und die Ruhestätte von Elvis Presley, natürlich nicht vorbei. Das gesamte Anwesen ist ein einziges Museum. Aus jedem einzelnen Raum ertönt seine Musik. Es gibt so gut wie alles zu sehen aus dem Leben des King of Rock ‘n Roll und täglich pilgern tausende von Besuchern und Fans an seinem Grab vorbei.

Vorbei an der legendären Gitarrenfabrik von Gibson überqueren wir, für dieses Jahr zumindest, zum letzten Mal den mächtigen Mississippi. Wir fahren durch Arkansas, Oklahoma nach McLean, direkt an der Route 66 in Texas. Dort besuchen wir das örtliche Heimatmuseum. Es gibt vieles aus der Blütezeit des Städtchens sowie der geschichtsträchtigen Straße zu sehen. Heute gleicht der Ort eher einer Geisterstadt.

Noch ein kleines Stück fahren wir auf der wohl berühmtesten Straße der Vereinigten Staaten entlang. Wieder zurück auf der „I-40“ zwingt uns ein weiterer Plattfuß zu einem längeren Stopp in Amarillo. Auf einem schönen Campingplatz verbringen wir das anstehende Wochenende mit schwimmen, faulenzen und ausgiebigen Spaziergängen mit Meri.

Gleich am Montagmorgen treffen unsere neuen Reifen ein und schon zwei Stunden später sind wir wieder auf Achse. An der „Cadillac Farm“ halten wir an und schauen uns diese schräge Art von Kunst etwas genauer an.

Weiter führt uns der Weg in den „Palo Duro Canyon SP“. Dort gibt es einen etwa 45 Kilometer langen Loop, der durch dieses herrliche Tal führt. 

 

Auf der Weiterfahrt sehen wir unsere ersten Longhorns auf den Weiden stehen. Besiedelt ist dieser Teil von Texas nur sehr spärlich. Der Horizont wird immer weiter und der Himmel erscheint uns in einem noch nie gesehenen Blau. Die Straße ist jetzt nur noch eine lange Gerade die gelegentlich mal durch eine leichte Kurve unterbrochen wird.

Wir überqueren den „Rio Hondo“, der momentan die Bezeichnung "Rio" eigentlich gar nicht verdient, und erreichen Alamogordo in New Mexiko. Hier befindet sich am nördlichen Ende der Chihuahua-Wüste das White Sands NM. Mit ihren langgezogenen und schneeweißen Dünen ist sie die weltweit größte Gipssand-Wüste. Wir fahren den etwa 15km langen "Dune Drive" ab und unternehmen ein paar kürzere Wanderungen. Der Großteil dieser Wüste ist militärisches Sperrgebiet und für die Öffentlichkeit nicht zugänglich – 1945 wurde dort die erste Atombombe gezündet.

Die Nächte sind jetzt Anfang November schon sehr frisch. Nachdem die Sonne sich aber zeigt, steigt auch das Thermometer sehr rasch wieder an. Daher fahren wir unsere größeren Distanzen eher in der Morgenkühle oder am Abend. Zu den Zeiten ist Linda zumeist am Schlafen und das Fahren ist für alle angenehmer und entspannter.

Wieder kommen wir an einem State Park vorbei, dem „City Of Rocks SP“. In der scheinbar unendlichen Wüste stehen die riesigen Felsblöcke z.T. so eng beieinander, dass man nur an wenigen Stellen durch das Labyrinth kommt. Am Abend machen wir zwar ein Lagerfeuer, doch die aufkommende Kühle treibt uns sehr schnell wieder zurück in den Camper.

Es geht an Deming vorbei und wir passieren das Begrüßungsschild Welcome to Arizona. Auf unserem weiteren Weg besuchen wir noch das „Tonto NM“ mit seinen Felsbehausungen, die von unzähligen Saguaro Kakteen umgeben sind.

 

Ein Stück weiter stoßen wir eher zufällig auf den „Apache Trail“. Es wäre ärgerlich gewesen, wenn wir diese tolle Strecke nicht gefahren wären. Er verbindet den „Theodor Roosevelt Lake“ mit Phoenix durch die „Superstition Mountains“ und ist eine ca. 110km lange, zumeist unbefestigte und staubige Piste. Zu Beginn geht es an einem herrlichen Fluss entlang und im weiteren Verlauf durch schroffe Canyons. Am Ende des Apache Trails kommen wir in Goldfield raus, das unmittelbar vor den Toren von Phoenix liegt. Dabei handelt es sich um ein ehemaliges Goldgräberstädtchen das für Touristen wieder zum Leben erweckt wurde.

 

Schon vor Wochen haben wir uns bei Sandra angemeldet. Die Freude des Wiedersehens ist auf beiden Seiten natürlich riesengroß. Wir verbringen noch fünf schöne und erholsame Tage zusammen und haben reichlich Spaß. Auch viele Freunde von Sandra lernen wir kennen. René und Jens leben auf einer Ranch etwas außerhalb der Stadt. Sie haben uns spontan angeboten, dass wir unseren James bis zum nächsten Jahr bei ihnen unterstellen können.

Selbstverständlich statten wir auch dem deutschen Metzger, der ebenfalls aus Obereisesheim über den großen Teich kam, einen Besuch ab und genießen die heimischen Spezialitäten in fremder Umgebung.

 

Leider ist es nicht möglich, unsere Meri gleich mit nach Deutschland zu nehmen. Die Tollwutimpfung liegt erst 24 Tage zurück, anstatt der erforderlichen 28 Tage – auch trotz gut zureden ließ sich da leider nichts machen. Doch das Glück bleibt uns weiterhin treu. Ein ehemaliger Tauchschüler von Hajo ist Pilot bei der Lufthansa und fliegt regelmäßig die Route von und nach Phoenix. Er würde sich darum kümmern, dass unser neues Familienmitglied nach Ablauf der Frist zu uns nach Deutschland kommt.

Bis dahin wissen wir sie bei Sandra in den allerbesten Händen.

Während der letzten Tage haben wir unsere Fahrzeuge zur Überwinterung vorbereitet. Ebenso unser Gepäck so nach und nach zusammengestellt sowie die letzten Einkäufe getätigt. Am Tage unseres Abfluges bringt uns Sandra zum Flughafen „Sky Harbor“ in Phoenix und begleitet uns noch bis zum Check in.

Über Milwaukee, Baltimore und London geht es dann endgültig wieder zurück nach Stuttgart.

Eine tolle Reise von knapp 13.000 unfallfreien Kilometern, mit vielen neuen Erfahrungen und Eindrücken sowie einem neuen Familienmitglied, geht zu Ende. Wir werden noch sehr lange an diese schöne und unbeschwerte Zeit zurückdenken. Ohne Druck, ohne Termine, jeden einzelnen Tag genießen zu können – tun und lassen was wir wollen. Wir wissen aber auch, dass so etwas nicht selbstverständlich ist und man viel dafür tun muss.

Eins steht aber auf jeden Fall fest – nach der Reise ist vor der Reise. Für das kommende Jahr ist bereits eine neue Route geplant. Die soll uns dann ins benachbarte Mexiko führen. Bis dahin und eine gute Zeit.