2024 Überwintern auf Kreta (2) – Der Norden von Kreta
Zunächst wollen wir uns für die vielen Rückmeldungen von euch bedanken. Wie bereits des Öfteren schon erwähnt, freut uns dies ganz besonders und spornt uns auch immer wieder neu zum Schreiben an.
Wir sind auf Kreta angekommen – soll heißen, wir haben uns dem gemütlichen und entspannten Leben der Griechen hier auf der Insel bereits angepasst. Klar, es ist absolute "Off Season". Es sind momentan so gut wie keine Touristen zu sehen. Gelegentlich ist mal ein Camper unterwegs jedoch kein Vergleich zu dem, was wir aus Spanien und Portugal zu hören oder zu lesen bekommen.
Nach dem Großeinkauf auf dem Markt von Chania, müssen wir uns noch um einen Ersatzschlüssel für das Motorrad kümmern. Auf bisher noch unerklärliche Weise, ist unser einziger Schlüssel abhanden gekommen. Doch Dank eines Tipps unseres Freundes "Günni" ist es gelungen, das Zündschloss kurzzuschließen und somit zu einem Schlüsseldienst zu fahren. Im Handumdrehen konnte der Chef des Ladens am ausgebauten Schloss eine Kopie erstellen – wow, dass dies so einfach ist, hätten wir nicht gedacht.
Es ist windig und etwas frischer geworden. Auf der Suche nach einem windstillen Plätzchen finden wir die traumhafte Bucht von "Seitan Limania". Über mehrere enge Haarnadelkurven schraubt sich die schmale Straße hinunter auf einen Parkplatz – aber als Nachtplatz viel zu abschüssig. Trotzdem nehmen wir uns die Zeit und gehen noch das letzte Stück zu Fuß hinunter an die Bucht. Was für ein toller Strand, aber zum schwimmen ist der Seegang heute viel zu heftig – schade. Also muss die Suche weitergehen.
Wir fahren zu den beiden im Norden der Halbinsel gelegenen Klöster "Agias Tridas" und "Gouvernetou". Passend zum Tag haben die Klöster leider geschlossen. Uns bleibt jedoch die Möglichkeit, beide orthodoxen Gotteshäuser wenigsten von außen zu betrachten. Zu guter Letzt, werden wir in der Bucht von Loutraki doch noch fündig. Am dortigen Strand können wir uns für die anstehende Nacht relativ windgeschützt platzieren. Gegen Abend lässt dann der Wind etwas nach und auch das Meer beruhigt sich wieder.
Der Wind der letzten Tage hat sich gelegt und wir wollen jetzt weiter Richtung Osten fahren. Dabei kommen wir an der antiken Stadt „Aptera“ vorbei, die etwa 1.100 v.Chr. von den Römern erbaut wurde. Wir sind die einzigen Besucher und können uns somit alles in Ruhe anschauen. Sehr interessant finden wir vor allem, dass schon zu jener Zeit riesige Zisternen angelegt wurden. Immer wieder gab es schon damals extrem heiße Sommer, so dass das gesammelte Wasser rationiert werden musste.
Ein kurzes Stück weiter befindet sich ein "türkisches Kastell" aus dem Jahr 1872. Leider ist es derzeit wegen Renovierungsarbeiten für Besucher geschlossen. Trotzdem genießen wir den fantastischen Panoramablick auf die vor uns liegende „Bucht von Souda“.
Unser nächster Anlaufpunkt ist die Hafenstadt Rethymnon. Mit Blick auf die große Festung platzieren wir uns für die anstehende Zeit auf einem Parkplatz direkt am Strand. Von hier aus ist es in die reizvolle venezianisch-osmanische Altstadt mit ihren unzähligen verwinkelten Gassen nicht weit. Auch der venezianische Hafen, mit seinen vielen Restaurants und Cafés drumherum, ist äußerst sehenswert.
Einen ausgiebigen Besuch statten wir der Festung ab, die über der Stadt thront. Mit ihren massiven Mauern und Bastionen wirkt sie sehr imposant. Konnte aber trotzdem im Jahre 1646 der Invasion der Türken nicht standhalten.
Am Fuße der Festung befindet sich noch eine kleine, jedoch äußerst sehenswerte Kapelle. Sie wurde teilweise in den Fels integriert und von ihrem Sockel hat man einen tollen Blick hinüber auf die schneebedeckten "Weißen Berge".
Statt Kultur steht heute eine längere Wanderung, entlang der „Myloi Schlucht“ an. Bereits am Vorabend platzieren wir den Iveco nahe des Einstiegs zum Canyon. Vorbei an verlassenen Häusern und kleinen Kapellen geht es dann dem Meer entgegen.
Das „Kloster Arkadi“ aus dem 16. Jh. ist sehr schön und höchst interessant. Jedoch spielte sich hier 1866 ein grausames Drama ab. Es wurde während des kretischen Aufstandes gegen die Türken in der ganzen Welt bekannt und zum Symbol für Widerstand und Freiheit erhoben. In auswegloser Lage im Kampf gegen die Übermacht der Türken, sprengten sich die verbliebenen Kämpfer, Priester, Frauen und Kinder im Munitionslager des Klosters selbst in die Luft. Integriert ist ebenso ein sehr informatives Museum.
Auf der gut ausgebauten Küstenstraße geht es zügig der Inselhauptstadt Heraklion entgegen. Die Küste selbst ist für uns eher unspektakulär. Neben den menschenleeren Touristenburgen sind auch die kleinen Örtchen wie ausgestorben – die Insel ist quasi noch im Winterschlaf. In der Stadt selbst erledigen wir ein paar notwendige Dinge und schauen uns schon mal nach einem Parkplatz für den Iveco in Flughafennähe um.
Etwas außerhalb von Heraklion befindet sich der Palast von Knossos. Es war die Hauptstadt des minoischen Kretas von 1.900 – 1.700 v.Chr. und wurde erst Anfang des 20. Jahrhunderts von einem Engländer wieder ausgegraben. Jedoch sind seine Rekonstruktionen sehr umstritten. So wurde wohl der wissenschaftlichen Genauigkeit vieles der Phantasie von Arthur Evans geopfert. Mit der Rekonstruktion kann man sich aber immerhin ein wenig vorstellen, wie es damals evtl. ausgesehen haben könnte. Nach einer guten Stunde haben wir genug gesehen und fahren weiter.
Eine kurze Schlechtwetterfront sitzen wir in der Nähe von Milatos aus. In einer der Regenpausen gehen wir zu der nahegelegenen Kapelle und entdecken oberhalb des Gotteshauses noch die kleine "Andreas Höhle".
Oberhalb des Ortes befindet sich die „Milatos Höhle“, die 1823 ihre tragische Berühmtheit erlang. Nachdem sich 3.500 Frauen und Kinder sowie ein paar wenige bewaffnete Rebellen hier oben vor den türkischen Besetzern versteckten, fielen sie nach einem kurzen Widerstand gegen die deutliche Übermacht in deren Hände und kamen danach grausam zu Tode. Ihnen zum Gedenken wurde in der Höhle ein Schrein errichtet sowie ein Teil der geborgenen Gebeine aufgebahrt.
In den kretischen Geschichtsbüchern spricht man von jener Zeit auch von einem Holokaust.
Nachdem sich das Wetter wieder einmal etwas gebessert hat, fahren wir hoch in die „Lassithi-Hochebene“, die auf etwa 800m Höhe liegt. Die fruchtbare Ebene ist ein wahres Paradies an Feldern und Obstgärten. Direkt am Pass werden wir von den typischen Windmühlen dieser Region begrüßt.
Einen wahrlich ruhigen Übernachtungsplatz finden wir unmittelbar vor einer Kapelle. Am nächsten Morgen sind von dort aus auch ein paar der schneebedeckten Gipfel des „Dikti-Gebirges“ sehr gut zu sehen.
…und schon wieder eine Höhle. Diesmal ist es die „Dikti-Höhle“, die auch als „Zeus-Höhle“ bekannt wurde. Laut der griechischen Mythologie wurde nämlich hier Zeus geboren. Eine steile Betontreppe windet sich vom Eingang aus in die feuchte Dunkelheit nach unten. Über einen Steg folgen wir einem Rundweg an den gut erhaltenen Stalagmiten und Stalagtiten vorbei. Naja, wir haben schon spektakulärere Höhlen besichtigt. Allerdings ist die fantastische Aussicht über die "Lassithi-Hochebene" vom Eingang aus, die Strapazen des Aufstiegs allemal wert.
Wir verlassen die Hochebene wieder in östlicher Richtung. Dabei durchfahren wir ein paar der typisch kretischen Dörfer mit ihren charakteristischen Windmühlen und den kleinen orthodoxen Kirchen.
Schon von oben können wir das kleine Örtchen Eloundas und die dahinterliegende Insel „Kalydon“ gut erkennen. Von Eloundas aus starten während der Saison täglich unzählige Boote auf die kleine Nachbarinsel „Spinalonga“. Dort befand sich noch bis 1957 eine der letzten Leprastationen Europas. Vorbei an ehemaligen Windmühlen und über eine wenig vertrauenserweckende Steinbrücke fahren wir auf die Insel Kalydon hinüber und installieren uns dort für die nächsten Tage.
Das Wetter zeigt sich nun stabil und auch wieder von seiner schöneren Seite, so dass wir zu Fuß die Insel erkunden können. Wir erleben einen herrlichen Sonnenaufgang und entdecken traumhafte Strände sowie mehrere Kapellen.
Es ist „Waschtag“ angesagt. Zuerst befreien wir den Iveco von seinem angesammelten Salzbelag und danach ist ein Teil unserer Wäsche dran – muss ja auch mal sein. Zuletzt ergänzen wir wieder unsere Frischevorräte auf dem Markt von Agios Nikolaos.
Für die nächsten paar Tage sind wir gemeinsam mit Reisebekannten, Helga und Peter, unterwegs. Für die erste Nacht wählen wir die Mole des kleinen Hafens von Mochlos als Stellplatz. Am nächsten Morgen sehen wir erst, durch welch enge Kurven wir unsere Fahrzeuge am Vorabend noch gezirkelt hatten.
Von einem höher gelegenen Parkplatz fahren wir mit unseren Motorrädern an den „Richti Beach“, wo sich der untere Eingang des gleichnamigen Canyon befindet. Von dort wandern wir entlang eines kleinen Baches nach oben, wobei die etwas schwierigeren Passagen mit Stegen oder Seilen gesichert sind. Das Highlight ist ein etwa 20m hoher Wasserfall mit einem kleinen Becken davor.
Vorbei an Sitia steuern wir den nordöstlichsten Zipfel der fünftgrößten Insel im Mittelmeer an. Allerdings sind die letzten 4km bis zur eigentlichen Spitze militärisches Sperrgebiet und somit für uns nicht erreichbar.
Fernab von großen Hotelanlagen und touristischer Infrastruktur, befindet sich der weniger frequentierte "Itanos Beach". Hier treffen wir weitere Langzeitreisende, mit denen wir gemeinsam eine schöne Zeit verbringen – natürlich auch mit schwimmen im kühlen Nass. An einem der Abende genießen wir am Lagerfeuer mit interessanten Gesprächen den aufgehenden Vollmond.
Vom Strand aus führt ein kleiner Trampelpfad an die etwas höher liegenden "Ruinen von Itanos". Der ehemalige Fischerort aus dem 2.-3. Jhd. v. Chr. wurde im frühen Mittelalter durch ein Erdbeben zerstört. Jedoch sind noch ein paar Ruinenreste gut zu erkennen.
Nicht weit entfernt befindet sich der berühmte Palmenstrand "Vai Beach". Schon seit Tausenden von Jahren säumt diese endemische Art der Palmen die Strände dieser Region. Allerdings wurden sie in den letzten Jahrzehnten stark dezimiert. In den 70er Jahren ließen sich viele Hippies, auf der Suche nach einer neuen Bleibe, unter den schattigen Gewächsen nieder. Heute steht der einzige noch natürliche Palmenwald Europas unter strengem Schutz. Wir dürfen dieses kleine Paradies quasi menschenleer genießen und möchten uns erst gar nicht vorstellen, wie es im Sommer hier zugeht.