2022 Polarlichter über Lappland (2)
Zu Beginn des 2. Reiseberichtes unserer Lappland Tour, möchten wir uns bei euch ganz herzlich für die große Resonanz und die vielen Feedbacks bedanken. Bei so vielen "Lorbeeren" macht es noch mehr Spaß, euch von unseren Reiseerlebnissen zu berichten.
Nach unserem Skitag in Börkliden machen wir uns auf den Weg an die norwegische Grenze. Die Straßen sind wie leergefegt und der Grenzübergang ist unbesetzt. So fahren wir der untergehenden Sonne, dem "Europäischen Nordmeer" entgegen.
Unseren ersten Übernachtungsplatz in Norwegen finden wir an einem kleinen Fjord in der Nähe von Bjerkvik. Bereits in der Nacht wird es ungewöhnlich mild und der Schneefall geht langsam sogar in Regen über.
Da wir nicht unbedingt die Hauptroute nach Tromsø fahren wollen, entscheiden wir uns für die eher reizvollere Strecke entlang den Fjorden. Dass diese kleineren Straßen nicht geräumt sind, stellt für uns zunächst weniger ein Problem dar. Als es dann aber schlagartig zu regnen beginnt, stehen wir vor einem ernsthaften Problem. Im Nu verwandelt sich die schmale Straße mit ihrer festgefahrenen Schneedecke in eine Eisbahn, die auf einem Eishockeyfeld nicht blanker sein könnte. Selbst der gestreute Split verschwindet unter dem zentimeterdicken Eis. Es kommt wie es kommen muss. Auf einer kaum wahrnehmbaren Gefällstrecke können wir den Iveco nicht mehr halten und rutschen von der Fahrbahn in den Graben – nicht schon wieder.
...und hier noch für all diejenigen, die es jetzt besser wissen wollen. Trotz Allrad und sämtlicher Sperren – ohne Ketten oder Spikes geht auf blankem Eis absolut gar nichts mehr.
Ein vorbeikommendes Müllfahrzeug versucht noch unseren Iveco aus dem Graben zu ziehen. Doch direkt danach rutschen wir erneut in den Seitenstreifen zurück – jetzt kann uns nur noch ein professioneller Abschleppdienst helfen.
Es dauert mehrere Stunden bis dieser eintrifft und es ist zwischenzeitlich auch schon dunkel geworden. Nachdem die Bergung dann erfolgreich abgeschlossen ist, können wir die Schneeketten aufziehen und schaffen es auch wieder aus eigener Kraft weiterzufahren.
Soviel Aufregung braucht kein Mensch – schon gar nicht auf Reisen. Wir sind jedoch heilfroh, dass das Glück uns nach wie vor zur Seite steht und wollen es nun nicht mehr weiter herausfordern. Nach den aktuellsten Angaben des Wetterdienstes, soll die Strecke bis Tromsø weiterhin schwierig zu befahren sein. Daher entscheiden wir uns spontan, die Route durch die Berge in Richtung der finnischen Grenze zu nehmen. Dort können wir zumindest nicht mehr vom "Blitzeis" überrascht werden.
Bei äußerst akzeptablen Straßenverhältnissen geht es nun ein langes Stück dem "Lyngen Fjord" entlang. Kurz vor Skibotn haben wir den nördlichsten Punkt dieser Reise erreicht.
Nachdem wir die norwegischen Fjorde hinter uns gelassen haben, geht es entlang der "E8" immer weiter bergauf. Es wird kälter und die Landschaft zusehends wieder winterlicher. Auf festgefahrener Schneedecke kommen wir gut voran und müssen mit keinen unliebsamen Überraschungen mehr rechen. Diese knapp 160km lange Straße nennt sich auch, die "Northern Light Route" – klingt doch schon mal vielversprechend. Auf dieser Strecke fühlen wir uns etwas an den "Top of the World Highway" erinnert, der von Alaska in das Yukon Territorium in Kanada führt. Kurz darauf passieren wir die menschenleere Grenze nach Finnland.
Uns fallen in Finnland, wie schon zuvor auch in Norwegen, die hohe Anzahl an Militärfahrzeugen auf, die auf den Straßen unterwegs sind. Sicherlich ist dies mit der momentanen Situation zu erklären, da beide Länder z.T. sehr lange Grenzen zu Russland haben.
Die Vorhersagen für die Sonnenaktivitäten sowie der Bewölkung sind vielversprechend. Für die anstehende Nacht haben wir wieder einen tollen Stellplatz gefunden. Dazu liegt er fernab von jeglicher Lichtverschmutzung. Während der Wartezeit kommt unser Backofen erneut zum Einsatz – Bernadette bereitet leckere Zimtschnecken zu und verwöhnt so unsere Gaumen.
Und dann ist es endlich soweit. Nach Einbruch der Dunkelheit hat das erfolglose Starren nach oben ein Ende. Langsam zeigen sich die ersten Polarlichter am nächtlichen und wolkenlosen Himmel. Wir können uns kaum sattsehen und vergessen fast dabei, dieses unvergessliche Lichterspektakel mit der Kamera festzuhalten. Doch nach fast einer Stunde treibt uns die klirrende Kälte jedoch wieder zurück in den Camper. Durchgefroren aber überglücklich geht es dann unter die warme Bettdecke.
Nach dieser erfolgreichen Nacht folgen wir weiter der Straße, die immer entlang der schwedischen Grenze verläuft. Nahezu unscheinbar überfahren wir in Kaaresuvanto die Grenze von Finnland nach Schweden. Von nun an geht es nur noch nach Süden. Wieder entlang der "E45", lassen sich ein paar Rentiere von unserer Anwesenheit in keinster Weise beeindrucken. Für die Nacht haben wir erneut einen tollen Stellenplatz mit guter Sicht nach oben gefunden. Doch leider bleibt der Himmel diesmal bedeckt.
Am folgenden Morgen machen wir eine längeren Spaziergang. Es geht durch den winterlichen Wald und vorbei an einem gefrorenen See. Dort sind gerade ein paar Schneemobile unterwegs.
Einen kurzen Abstecher nach Kiruna nützen wir ein weiteres Mal, um unsere Vorräte aufzustocken. In einem Rentier Geschäft erstehen wir Rentierfelle sowie frisches Rentierfleisch.
Zudem schauen wir uns die berühmte und weltweit größte Holzkirche in der Stadt an. Ein Umzugsplan sieht eine schrittweise Übersiedlung der Stadt Kiruna bis 2033 vor. Dies geschieht, um die unter der Stadt liegenden Eisenerzvorkommen ergiebiger abbauen zu können. Die Kirche selbst soll dabei vollständig erhalten bleiben und an einen neuen Standort übersiedelt werden.
Wir machen nochmals einen Stopp an der uns bereits bekannten Husky Farm "Lappeasuando". Leider sind für die nächsten paar Tage sämtliche Hundeschlitten-Touren ausgebucht. So beschränken wir uns wieder auf ausgiebige Schneeschuh-Touren in der näheren und weiteren Umgebung. An einem der Abende genießen wir einen typisch schwedischen Saunagang und lassen uns danach noch mit einem köstlichen Rentier Gericht verwöhnen. In der Nacht tanzen erneut die Polarlichter für uns am Himmel.
Vor uns liegen jetzt nochmals fast 1.800 Kilometer bis nach Göteborg. Ab Gällivare wählen wir eine eher etwas weniger frequentierte Strecke. Dies hat den Vorteil, dass wir quasi alleine auf diesen einsamen Straßen unterwegs sind – allerdings auch länger.
Wir überqueren erneut den Polarkreis. Ein kurzer Spaziergang durch den verschneiten Wald führt uns zu dieser markanten Stelle. In unmittelbarer Nähe befinden sich mehrere Schutzhütten. Diese sind komplett ausgestattet und können bei Bedarf genutzt werden.
Auf unserer Weiterfahrt besuchen wir das Örtchen Gammelstad (zu dt. Alte Stadt). Rund um die Kirche ist das Kirchendorf des Ortes zu finden. Es ist eine Siedlung von etwa 400 Hütten, in denen die Bewohner der Gemeinde übernachten konnten, wenn sie von weit her zum Gottesdienst nach Luleå kamen. Das Kirchendorf von Gammelstad steht zwischenzeitlich unter dem Schutz des UNESCO-Weltkulturerbe.
Wir erreichen den Küstenort Luleå, am "Bottnischen Busen", quasi der nördlichste Zipfel der Ostsee. Soweit das Auge reicht, ist die gesamte Bucht zugefroren. Sämtliche vorgelagerten Inseln können zu Fuß oder mit einem Schneemobil erreicht werden. Auf dem Eis wurden mehrere Kilometer, etwa 10m breite Eisbahnen, vom Schnee freigelegt und präpariert. Darauf können die Bewohner und Besucher mit Schlittschuhen oder speziellen Tretschlitten ihre Bahnen ziehen. Auch wir begeben uns "wieder" aufs Eis – und dieses Mal macht es auch mächtig Spaß. Mit einem Tretschlitten "schlittern" wir zu einer dieser vorgelagerten Insel und wieder zurück.
Nun folgen wir der "E4", die immer entlang der Ostsee nach Süden führt. Es ist eine Donnerstrecke und viele LKW´s sind unterwegs. Lediglich zum Tanken und für die Pausen halten wir an – natürlich auch für Rentiere, die die Straße überqueren wollen.
Doch für die Nächte finden wir immer wieder ruhige Stellplätze, weit abseits dieser Fernstraße.
Je weiter wir in den Süden kommen, desto milder wird es. Viele Seen sind bereits wieder eisfrei. Ab Uppsala verlassen wir die stark befahrenen Fernstraßen und fahren Göteborg auf den eher kleineren Sträßchen entgegen – nicht selten landen wir wieder auf unasphaltierten Feldwegen. Dabei bekommen wir jedoch Ecken des Landes zu sehen, an denen wir sonst nur vorbeigefahren wären.
Im Hafen von Göteborg sehen wir unsere Fähre bereits an der Mole liegen. Es ist fast nichts los und so fahren wir bei Zeit und in aller Gemütlichkeit in den weit geöffneten Bug hinein. Pünktlich legen wir ab und lassen Schweden am frühen Abend hinter uns.
Am nächsten Morgen empfängt uns Kiel mit einem wolkenlosen Himmel. Die Überfahrt verlief absolut ruhig. Bei frühlingshaften Temperaturen und strahlendem Sonnenschein können wir nun völlig entspannt die Heimfahrt nach Neckarsulm antreten.
Wieder geht eine fantastische Reise zu Ende. Nach 6.000 unfallfreien Kilometern, mal von den "Ausrutschern" abgesehen, sind wir wieder gesund und munter Zuhause angekommen. Es war diesmal eine andere Reise. Überwiegend bewegten wir uns unter dem Gefrierpunkt – z.T. bis zu -23°C. Aber abgesehen von ein paar geringfügigen Unschärfen, können wir unseren Iveco als absolut wintertauglich bezeichnen.
Das Highlight waren jedoch die Polarlichter. Wir hatten auf dieser Reise das ganz große Glück, dieses einzigartige Lichterspektakel miterleben zu dürfen und die Polarlichter am Nachthimmel für uns tanzen zu sehen – dafür sind wir sehr dankbar.