2021 Albanien - Reisebericht 2
Als erstes möchten wir uns auf die große Resonanz bei euch bedanken. Es freut uns natürlich sehr, dass so viele positive Stimmen auf den ersten Reisebericht aus Albanien bei uns eingegangen sind. Das zeigt uns aber auch, dass doch viele von euch gerne mit uns mitreisen.
Im anschließenden zweiten Reisebericht werden wir natürlich wieder versuchen, an die Qualität der Reisebeschreibungen des letzten Berichtes sowie der vergangenen Reisen anknüpfen zu können. Wir wünschen euch viel Spaß dabei.
Wir sehen zu, dass wir das geschäftige Tirana zügig verlassen. Auf Empfehlung wählen wir anstatt der Autobahn die alte und kurvige Passstraße nach Süden. Entgegen unseren Erwartungen finden wir Straßenbedingungen vor, die wir hier oben überhaupt nicht erwartet hätten. Für unsere Umwege werden wir erneut mit grandiosen Aussichten auf das umliegende Gebirge belohnt.
Ein Stück weiter fühlen wir uns wie in Texas – überall wird mit kleineren Pumpen Erdöl gefördert. Selbst vor dem örtlichen "Bolzplatz" wird nicht Halt gemacht.
Unser nächstes Ziel ist Berat, das malerisch an einem Hügel entlang des Flusses "Osum" liegt. Wir schlendern gemütlich durch die Festung, die hoch über der Stadt thront. Immer wieder erhalten wir herrliche Ausblicke über die Stadt und die umliegenden Berge. Schmale Gassen, steile Treppen und malerische Winkel prägen das Bild innerhalb der Festungsmauern und der drei Stadtteile, die ebenfalls unter dem Schutz des UNESCO Weltkulturerbe stehen. Die osmanisch geprägten Wohnhäuser, mit ihren weißen Fassaden, schwarzen Schieferdächern und großen Fenstern, stehen dabei dicht gedrängt und reihen sich den Hügel hinauf. Daher wird Berat auch als "die Stadt der 1.000 Fenster“ bezeichnet.
Nach so viel Sightseeing zieht es uns wieder hinaus in die Natur. Dabei folgen wir dem "Osum" weiter flussaufwärts, bis er in einem Canyon verschwindet. Von hier aus führen nur noch schwere bis schwerste Schotter- und Geröllpisten durch die schroffe Gebirgslandschaft Albaniens weiter. Dies wollen wir uns und dem Iveco nicht unbedingt antun.
Direkt am Ausgang des Canyon, unmittelbar am Fluss, finden wir einen tollen Stellplatz. Wir erkunden die nähere Umgebung des Canyon zu Fuß und nehmen danach ein Bad im kühlen Nass. Am Abend sitzen wir am Lagerfeuer und kommen mit zwei "VW Synchro" Fahrern sowie mit zwei Motorradfahrern ins Gespräch. Es kommt natürlich zu einem regen Informationsaustausch. Mit Susi und Jens sind wir recht schnell auf einer Wellenlänge. Die beiden sind bereits seit fünf Monaten mit ihren Zweirädern auf Achse und können uns so manch spannendes Erlebnis über das Reisen auf dem Balkan berichten – das macht uns Lust und Laune auf mehr.
Auf unserer Weiterfahrt kommen wir an der Ruinenstätte „Apollonia“ vorbei. Die Stadt wurde vor ca. 2.600 Jahren gegründet und zerbrach schon 1.000 Jahre später wieder. Die Reste der Ruinen können auf dem weitläufigen Gelände während eines gemütlichen Spazierganges besichtigt werden.
Zudem bekommen wir auf dem Rundgang auch zahllose griechische Landschildkröten zu sehen – wobei man sich um den Artenerhalt wohl wenig Gedanken machen muss.
Jetzt ist es aber wirklich an der Zeit, die schönen Strände Albaniens aufzusuchen. Den ersten tollen Strand finden wir in der Zvërnecer Bucht. Die Zufahrt ist zwar etwas ruppig aber dafür werden wir mit einem etwa zwei Kilometer langen Sandstrand belohnt – wir sind begeistert. Obwohl in Albanien das „wilde“ Camping gestattet und akzeptiert ist, haben sich nur wenige Mobile hierher verirrt. Wir genießen die sonnigen Tage mit kürzeren Wanderungen in der näheren Umgebung, gehen schwimmen oder hängen einfach nur faul rum.
Allabendlich bekommen wir Besuch von einer heimkehrenden Ziegenherde. Danach steht natürlich traditionell das „Campfire“ auf dem Programm – wobei das gesammelte Feuerholz zuvor noch auf "Brenngröße" gebracht werden muss.
Die vielen staubigen Schotterpisten der letzten Tage haben auf dem Iveco deutlich ihre Spuren hinterlassen. An einer der vielen Autowaschmöglichkeiten, hier in Albanien „Lavazho“ genannt, gönnen wir unserem Gefährt eine Runde Vollwaschgang.
Wie aus dem Ei gepellt, setzen wir unsere Reise fort und folgen ab Vlorë der Küstenstraße. Das Land ist in einem touristischen Aufbruch. Überall entstanden und entstehen weiterhin Hotels, Cafes und Restaurants. Auf uns wirken die unzähligen Betonbauten und sonstige Baumaßnahmen etwas unkontrolliert. Leider bleiben dabei auch ein paar wesentliche Dinge, allen voran die Müllentsorgung, auf der Strecke.
Wir fahren jetzt von Meereshöhe steil bergan. Nach gefühlt unendlichen Serpentinen, die z.T. bis zu 16% ansteigen, erreichen wir im „Llogara Nationalpark“ den etwa 1.000m hohen Pass. Es hat merklich abgekühlt und zu regnen begonnen. Doch die Aussichten auf die unten liegenden Buchten und Berggipfel im Hinterland sind einfach nur grandios. Nach einer fantastischen Abfahrt, wieder zurück auf Meereshöhe und in wärmeren Gefilden, gönnen wir uns ein Bad im Ionischen Meer. Schon mal hier, schlagen wir an diesem tollen Strand das Nachtlager auf. Wir lernen Renate und Bernhardt kennen, die seit über einem Jahr mit ihrem ausgebauten Iveco LKW in Europa unterwegs sind. Natürlich geht uns auch hier am abendlichen Lagerfeuer der Gesprächsstoff nicht aus.
Wir folgen weiter der kurvigen Küstenstraße mit ihren vielen kleinen Dörfern an den z.T. sehr steilen Hängen. Einen weiteren tollen Stellplatz finden wir oberhalb von Himarë, auf fast 500 Höhenmetern. Von hier oben haben wir nicht nur einen ersten Blick auf die griechische Insel Korfu, sondern erleben auch einen farbenprächtigen Sonnenuntergang.
Immer wieder kommt es vor, dass wir hinter der nächsten Kurve auf eine Ziegen-, Schafs- oder Kuhherde treffen. Vereinzelt sind auch freilaufende Schweine auf den Straßen unterwegs. Allerdings kümmern die sich recht wenig um einen reibungslosen Verkehr.
Wir erreichen die "Bucht von Porto Palermo". Von der Straße aus ist in einem militärischen Sperrgebiet ein ehemaliger U-Boot Bunker sehr gut zu sehen.
Auf unser gesamten Reise durch Albanien bleiben uns die vielen, die von dem ehemaligen Diktator "Enver Hoxha" erbauten, knapp 200.000 Bunker nicht verborgen. Vielfach sind es die "Zwei Personen" Bunker am Straßenrand aber auch z.T. ganze Bunker Systeme in den Bergen oder in den Städten, die nicht zu übersehen sind.
Ein kurzes Stück weiter befindet sich auf einer kleinen Insel in der selben Bucht, die sehr gut erhaltene „Burg von Porto Palermo“. Die Anfang des 19. Jahrhunderts von „Ali Pasha Tempelenë“ erbaute Festung kann heute besichtigt werden – störend aber auch hier, der viele Müll.
Entlang der Küste reiht sich jetzt eine traumhafte Bucht an die andere. Wollten wir uns die alle anschauen, wären wir noch für Wochen oder gar Monate unterwegs.
Ab dem Bade- und Ferienort Sarandë nehmen wir die Strecke über das „Gjierë Gebirge“ nach Osten. Laut Karte ist es eine in rot eingezeichnete Straße. Was uns jedoch erwartet, ist wieder eine enge serpentinenbestückte Straße – wir sind aber nicht sonderlich unglücklich darüber.
Unser nächstes Ziel ist nun die ebenfalls unter dem UNESCO Schutz stehende Stadt, Gjirokastër. Hier sind die meisten und prächtigsten Wehrhäuser mit ihren Wehrtürmen in ganz Albanien zu finden. Die hohen Gebäude mit ihren dicken Mauern und kleinen Fenstern sollten in der Vergangenheit, die aus Angst vor der Blutrache verschanzten Menschen schützen. Auch die Festung im Zentrum der Stadt gefällt uns sehr gut. Zu erreichen ist sie durch die zahllosen engen Gässchen. Für uns ist Gjirokastër die mit Abstand schönste Stadt des Landes.
Auf unserem Weg zurück zur Küste kommen wir an der Karstquelle Syri i Kaltër (das blaue Auge) vorbei. Vergleichbar mit dem „Blautopf“ auf der schwäbischen Alb, sprudelt dort aus den Tiefen des „Gjierë Gebirge“ kristallklares und eiskaltes Wasser nach oben. Uns fehlt allerdings der Mut, in dem nur 7° kalten Wasser schwimmen zu gehen.
Da uns nur noch wenige Tage bis zur Abfahrt der Fähre bleiben, wollen wir diese an den schönen Stränden im Süden des Landes verbringen. Für die Jahreszeit ist es nach wie vor sommerlich warm – allerdings wird es zwischenzeitlich doch schon früh dunkel.
Bei Lukovë verlassen wir dafür die Küstenstraße und winden uns zu dem dortigen Strand hinunter – dem „Plazhi Lukovë“. Sämtliche Restaurants und Bars sind bereits abgeräumt und im Winterschlaf. Außer ein paar wenigen Allrad Campern haben wir den Strand für uns alleine. So genießen wir die Ruhe und Stille um uns herum und ordnen uns dem faulen Strandleben unter.
Nun ist es wirklich an der Zeit, sich auf den Weg an die griechische Grenze zu machen. Auf der Fahrt dorthin besuchen wir noch die antike Ruinenstadt Butrint. Eine kleine Fähre bringt uns dafür direkt an den Eingang. Die UNESCO Weltkulturstätte zählt heute zu den beliebtesten Touristenzielen Albaniens und zu den berühmtesten Sehenswürdigkeiten des Landes. Die Ruinenstadt hat eine bewegte Vergangenheit hinter sich. So haben neben den Griechen, Römern und Venezianern auch die Osmanen ihre Spuren hinterlassen. Wir sind jedoch sehr bemüht, so wenig Spuren wie nur möglich zu hinterlassen und beschränken uns auf einen gemütlichen Rundgang innerhalb dieser antiken Stätte.
Nachdem wir alle erforderlichen Dokumente vorgelegt haben, geht es flott über die Grenze und wir sind in Griechenland.
Allerdings lässt die Freundlichkeit der griechischen Grenzer doch sehr zu wünschen übrig. Selbes gilt auch für das Wetter. Der strömende Regen macht das Fahren für uns nicht gerade zu einem Vergnügen.
Entlang der schönen griechischen Küste fahren wir Igoumenitsa entgegen. Leider hat heute der Herbst Einzug gehalten und gibt uns schon mal einen Vorgeschmack auf das, was uns Zuhause erwarten wird. Es regnet immer wieder recht heftig und der böige Wind lässt das Meer stark aufbrausen.
Leider gibt es auch auf dem Hafengelände für das deutsche Wort „Freundlichkeit“ keine griechische Übersetzung. Ebenso erinnert das heillose Durcheinander eher an eine Bananenrepublik als an ein Mitgliedsland der EU. LKWs, Wohnmobile und Motorräder irren wild umher und suchen ihre Gates – begleitet von unfreundlichen Worten und Gesten der einheimischen Hafenmitarbeiter.
Nachdem die „Superfast XI“ angelegt hat, geht es allerdings sehr zügig. Kaum 30 Minuten später legt die Fähre wieder ab und wir uns in die eigenen Betten – wir haben ja schließlich "Camping an Bord" gebucht.
Gegen 14:30 Uhr am darauffolgenden Tag, haben wir unseren Zielhafen Ancona in Italien erreicht. Wir sehen zu, dass wir Strecke machen. Vorbei an Bologna, dem Gardasee und Meran, erreichen wir bei Kaiserwetter an der österreichischen Grenze den Reschensee. Der See selbst sieht gerade etwas trostlos aus, da aus Revisionsgründen ein Großteil des Wassers abgelassen wurde.
Nach knappen 4.500 Kilometern und durch acht Länder erreichen wir wieder sicher unser Zuhause in Neckarsulm. Wir haben ein noch relativ touristisch unbekanntes wie auch ursprüngliches Albanien erleben dürfen. Alle Vorurteile die wir bis dato über die Albaner gehört haben, können wir zu rechtens über Bord werfen. Seine Bewohner haben wir als sehr gastfreundlich und zuvorkommend kennengelernt. Lediglich die rasante und rücksichtslose Fahrweise hat uns etwas gestört. An dem enormen Müllaufkommen sowie an deren Entsorgung müssen die Verantwortlichen des Landes allerdings noch sehr viel tun.
Als Fazit können wir schon mal festhalten, dass wir sicherlich nicht zum letzten Mal in Albanien waren.
Für die kommende Zeit, die zwischenzeitlich doch schon recht überschaubar sein wird, gehen wir nochmals in unserer gewohnten Umgebung dem geregelten Leben nach – und so ganz nebenbei planen und arbeiten wir bereits an der nächsten Reise.