2023 Marokko (6) – ...über Marrakesch dem Atlantik entlang nach Norden
Mit nunmehr drei Fahrzeugen fahren wir jetzt Marrakesch entgegen. Allerdings legen wir noch für einen Tag einen Stopp im "Ouriki-Tal" ein, wo wir den von André Heller erschaffenen "Kunstgarten Anima" besuchen wollen.
Kurz vor Ouriki sind die Auswirkungen des schweren Erdbebens vom September diesen Jahres nicht zu übersehen. Viele der Häuser sind eingestürzt, leicht oder auch schwerer beschädigt. Obwohl das Epizentrum viel weiter westlich in den Bergen lag, soll es selbst in Marrakesch noch schwere Schäden gegeben haben. Wie es halt immer so ist, es trifft zumeist die ärmsten der Armen.
2016 erwarb der österreichische Liedermacher und Künstler "André Heller" ein knapp 10 Hektar großes brachliegendes Land in der Nähe von Ouriki, am Fuße des Atlasgebirge. Dort erschuf er mit über 3.000 Bäumen und Pflanzen sowie sehr vielen Skulpturen und Kunstwerken eine Oase für die Sinne – er nannte sie "Anima".
Wir übernachten unmittelbar vor dem Eingang und sind somit auch die ersten Gäste am nächsten Morgen. Da noch keine weiteren Besucher da sind, gönnen wir uns erstmal ein gemütliches Frühstück auf der Terrasse der Cafeteria. Von hier genießen wir eine tolle Aussicht auf die naheliegenden Gipfel des Atlasgebirge. Danach starten wir in aller Ruhe und Entspanntheit unseren Rundgang durch den "Kunstgarten". Kurz vor Ende unserer Besichtigung treffen die ersten Touristenbusse aus dem nahegelegenen Marrakesch ein – dann ist es an der Zeit für uns zu gehen.
Die New York Times schrieb nach der Eröffnung: „...ein Wunderland mit exotischen Gärten, Pavillons, Teichen und mystischen Kunstwerken“ – das können wir bestätigen.
Auf kleinen Nebenstraßen und durch verwinkelte Vororte nähern wir uns Marrakesch. Auf einem Campingplatz am Stadtrand lassen wir uns für die Nacht nieder. Der Platz ist nicht mal zur Hälfte gefüllt. Doch überwiegend sind es Wohnmobile aus Europa, die dem Winter in ihrer Heimat entfliehen und mit dem milden Klima in Marokko eintauschen. Selbst den Hühnern scheint dieser Platz recht gut zu gefallen.
Auch in Marrakesch sind die Schäden des schweren Erdbebens noch gut zu erkennen. Selbst in der Medina sind viele Gebäude beschädigt und auch die Stadtmauer aus dem 12. Jahrhundert ist erheblich davon betroffen.
Aufgrund dieser Naturkatastrophe sind nur wenige Touristen in der Stadt. Ursprünglich stand auch bei uns Marrakesch überhaupt nicht auf dem Plan. Ein Einheimischer erklärte uns jedoch sehr plausibel, dass gerade jetzt die Bevölkerung dieser Region auf Einnahmen durch den Tourismus angewiesen wäre. So ändern wir kurzerhand unsere Route und statten der größten Königsstadt des Landes einen Besuch ab.
Am späten Nachmittag fahren wir mit dem Taxi in die Innenstadt und schlendern durch die Medina. Neben den vielen kulinarischen Köstlichkeiten, werden auch reichlich Dinge des täglichen Bedarfs sowie Souvenirs aller Art angeboten – auch hier ist das Handeln ein absolutes Muss. Ein ganz besonderer Hingucker sind die unterschiedlichen Transportmöglichkeiten innerhalb der engen Gassen.
Am Abend verwandelt sich dann der zentrale Marktplatz "Djemaa el Fna" in eine große "Open Air" Veranstaltungsarena. Es herrscht wildes Treiben mit Schlangenbeschwörern und Gauklern sowie Wahrsagerinnen und Künstlern aller Art. Uns begeistern jedoch am meisten die kleinen Gruppen von Musikern, die mit traditioneller Musik die Zuschauer in ihren Bann ziehen. Rund um den Platz befinden sich viele Verkaufsstände und Restaurants, die die kulinarischen Spezialitäten des Landes anbieten – auch wir machen natürlich reichlich Gebrauch davon.
Durch eine fruchtbare Agrarebene fahren wir jetzt der Küste entgegen und treffen in der Hafenstadt Essauira auf den Atlantik.
Durch die Medina und entlang der Stadtmauer erreichen wir den Hafen. Dort sind es hauptsächlich die blau gefärbten Fischerboote, die reichlich Fotomotive bieten. Ebenso kann man den frisch gefangenen Fisch direkt von den Fischer erwerben und an Ort und Stelle zubereiten lassen. Die gesamte Hafenanlage sowie die angrenzende Festung mit Stadtmauer wurden im 16. Jahrhundert von den damaligen portugiesischen Besatzern erbaut.
Jetzt ist auch der Zeitpunkt gekommen, dass wir uns von der verbleibenden Gruppe verabschieden. Um unaufschiebbare Termine wahrzunehmen, werden wir in ein paar Tagen von Malaga aus kurz nach Hause fliegen. Daher an dieser Stelle nochmals ein dickes Dankeschön an Brigitte und Ingo für die tolle Organisation und an die restlichen Teilnehmern für die gemeinsame erlebnisreiche Zeit.
Wir folgen jetzt der Küstenstraße immer weiter nach Norden. Zumeist sind wir auf gut ausgebauten Straßen unterwegs, doch durch so manche Ortschaften lässt die Qualität manchmal auch sehr zu wünschen übrig. Einen tollen Übernachtungsplatz finden wir direkt am Strand und dürfen am Abend einen farbenprächtigen Sonnenuntergang miterleben.
Obwohl Safi eine schöne Medina haben soll, lassen wir die Hafenstadt mit dem zweitgrößten Industriestandort des Landes aus Zeitgründen links liegen. Die Straße verläuft größtenteils der Küste entlang und bietet uns ständig abwechslungsreiche Aussichten auf das Meer.
Wir erreichen El-Jadida. Die Stadt am Atlantik ist bekannt durch das historische Viertel "Cité Portugaise", das unmittelbar an die Medina angrenzt. Anfang des 16.Jahrhunderts erbauten die Portugiesen auch diese Stadt, die heute unter dem Schutz des UNESCO Weltkulturerbe steht. Wir finden einen zentralen Parkplatz direkt an der Festung. Und wie wir es bereits in Marrakesch erlebt haben, sind auch hier sehr wenig Touristen zu sehen – die auswärtigen Ämter haben ganze Arbeit geleistet. Durch eines der viele Tore erreichen wir die "Portugiesische Stadt". Über die Stadtmauer hat man die Möglichkeit, um die gesamte Altstadt zu gehen.
Auf der Dachterrasse eines der vielen kleinen Restaurants genießen wir, neben der grandiosen Aussicht, auch noch einmal die kulinarische Vielfältigkeit des Landes.
Frisch gestärkt setzen wir unsere Fahrt fort und lassen entlang der kilometerlangen Promenade El-Jadida hinter uns. Wir folgen nun dem Schild in Richtung Casablanca. Eigentlich wollten wir auch die größte Stadt Marokkos umfahren, doch hier befindet sich die "Hassan-II.-Moschee". Sie ist weltweit das drittgrößte und in Afrika sogar das größte islamische Gotteshaus. Zudem ist es auch "Ungläubigen" gestattet, die Moschee zu besichtigen – Grund genug für uns, sich in das Verkehrschaos von Casablanca zu stürzen.
Kurz nach Sonnenuntergang ist es den Besuchern erlaubt, das Gelände rund um die Moschee sowie Teile des Inneren zu betreten. Wir sind sehr beeindruckt von der Mächtigkeit und Ausstrahlung des 2019 fertiggestellten Gebäudes. Das ca. 200m hohe und somit zweithöchste Minarett der Welt besitzt an der Spitze einen grünen Laserstrahl, der bei Nacht in Richtung Mekka zeigt.
Übrigens, wer nach Casablanca kommt um sich den originalen Schauplatz des gleichnamigen Filmes anzuschauen, wird enttäuscht sein. Im Film befand sich nämlich der Drehort "Rick’s Café" in einem Studio in Hollywood.
Von Casablanca aus nehmen wir jetzt die Schnellstraße, um einfach zügiger voranzukommen. In dem schönen Küstenörtchen Asila legen wir nochmals einen Stopp ein – auch hier, keine Touristen weit und breit. Dafür haben wir aber die malerischen Gassen innerhalb der Medina fast für uns alleine.
Bevor wir nun in Richtung Fähre fahren, wollen wir noch den ganzen Sand und Staub der letzten Wochen vom Iveco waschen. Dafür suchen wir eine entsprechend passende Waschanlage aus, die das für uns übernehmen.
Kaum dass wir mit dem frischgewaschenen Fahrzeug losfahren, ziehen die ersten schwarzen Wolken auf – war doch klar ;-)
Entlang der Küste erreichen wir das "Cap Spartel". Es ist der nordwestlichste Punkt des afrikanischen Kontinents, sowie der Eingang in die "Straße von Gibraltar". Hier verläuft auch die Grenze zwischen dem atlantischen Ozean und dem Mittelmeer. Hoch oben vom Leuchtturm aus haben wir nicht nur einen tollen Blick hinüber nach Europa, zudem dürfen wir nochmals einen farbenprächtigen Sonnenuntergang miterleben.
Am nächsten Morgen machen wir uns auf den Weg zum Hafen. In Tanger kaufen wir nochmals die ein oder anderen typisch marokkanischen Produkte ein. Mit permanenter Sicht auf das europäische Festland erreichen wir den Hafen von "Tanger Med". Die Abwicklung geht sehr flott vonstatten – Einchecken, Zoll- und Rauschgiftkontrollen sowie die Kontrolle nach illegalen Passagieren. An diesem Nachmittag sind wir sogar das einzige Reisemobil das an Bord fährt. Einsam und allein steht der Iveco auf seinem Deck.
Vorbei am "Felsen von Gibraltar" erreichen wir 90 Minuten nach dem Ablegen den Hafen von Algeciras in Spanien.
Nachdem wir wieder auf spanischen Straßen unterwegs sind, folgen wir bei bescheidenem Wetter der "Costa del Sol" bis hoch nach Malaga. Auf einem Langzeitparkplatz nahe des Flughafens stellen wir den Iveco am frühen Morgen ab. Bereits zwei Stunden später sitzen wir im Flieger nach Deutschland. Doch in vier Tagen werden wir erneut zurückkommen und unsere Reise fortsetzen.